Interview mit EAWU-Kommissionspräsident Tigran Sargsyan

Tigran Sargsyan: „Die Eurasische Agenda kann man sich heute ohne digitalen Wandel kaum vorstellen“

Ein Interview mit dem Vorsitzenden des Kollegiums der Eurasischen Wirtschaftskommission, Tigran Sarkisyan, für die Ausgabe des AHK-Magazins Impuls 02/2018.


Worin besteht die Hauptmission der Eurasischen Wirtschaftskommission?

Die Eurasische Wirtschaftskommission (EAWK) ist eine transnationale Regelungsbehörde, die die allgemeinen Spielregeln für die fünf Länder der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) – Armenien, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan und Russland – festlegt. Die Beschlüsse der Kommission erfordern keine zusätzliche Billigung auf nationaler Ebene und sind zur Ausführung durch alle Länder verbindlich. Die Eurasische Kommission erfüllt Funktionen, die im Großen und Ganzen den Funktionen der Europäischen Kommission ähneln, jedoch handelt es sich bei der Aktivität der EAWK nur um wirtschaftliche Kompetenzen.

In welche Schwerpunktbereiche lässt sich die Tätigkeit der Kommission gliedern?

Es gibt neun Schwerpunktbereiche, die entsprechend betreut werden. Das sind: Integration und Makroökonomie, Wirtschaft und Finanzpolitik, Industrie und Agrarwirtschaft, Handel, technische Regulierung, Zollzusammenarbeit, Energiewirtschaft und Infrastruktur, Wettbewerb- und Antimonopolregelungen, Binnenmärkte, Informatisierung, Informations- und Kommunikationstechnologien. Für einige Schwerpunktbereiche, wie technische Regulierung, Zolltarife, Handelsvereinbarungen mit Drittstaaten, Wettbewerb- und Antimonopolregelungen, verfügt die Kommission über direkte Vollmachten. Damit wurde eine Reihe von Kernschwerpunkten der wirtschaftlichen Aktivitäten an die transnationale Ebene übertragen. Beispielsweise müssen jetzt die Drittstaaten den Dialog zur Zusammenarbeit im Bereich der technischen Regulierung oder zur Gestaltung einer Freihandelszone nicht mit den fünf Ländern einzeln, sondern nur mit der EAWK führen.

Und dennoch sehen Kritiker der EAWU in dieser Struktur in erster Linie ein politisches und kein wirtschaftliches Projekt. Inwieweit entspricht dies der Realität?

Ich möchte gleich zu Beginn anmerken, dass zur Tagesordnung der Kommission keine einzige politische Frage gehört. Die gesamte Tätigkeit der Organisation ist auf die Umsetzung der Bestimmungen des EAWU-Vertrags gerichtet, in dem die Mitgliedsstaaten ausschließlich wirtschaftliche Ziele verankert haben. Natürlich wird es etwas dauern, bis unsere Partner sich von dem ausschließlich wirtschaftlichen Charakter unserer Union in der Praxis vergewissern. Ich glaube, dass das Interesse von mehr als 40 Ländern und Gemeinschaften an der Entwicklung der Handels- und Wirtschaftszusammenarbeit mit uns ein klarer Hinweis auf die Erkenntnis der wirtschaftlichen Ausrichtung unserer Union durch die externen Marktteilnehmer darstellt.

Im Unterschied zur Europäischen Kommission handelt die EAWK auf Grundlage des Prinzips der gleichgestellten Vertretung; Stimme eines jeden Landes hat ein gleiches Gewicht unabhängig von der wirtschaftlichen Stärke oder der Bevölkerungszahl. Es bestehen keinerlei Zweifel darüber, dass es sich bei der Union um die Antwort unserer Länder auf die globalen wirtschaftlichen Herausforderungen und die rasanten Änderungen der weltweiten wirtschaftlichen Verbindungen handelt, und nicht um ein politisches Projekt.

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Titelbild
Quelle: kremlin.ru[/su_spoiler]