Aserbaidschan: Erfolgsmodell mit besten Perspektiven
Vor 102 Jahren wurde Aserbaidschan der erste freie und demokratische Staat der islamischen Welt. Dann kam die Sowjetunion. Heute hat der größte Staat des südlichen Kaukasus wieder beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft, auch hinsichtlich der Überwindung der Covid-19-Pandemie.
Kommentar von Matthias Dornfeldt
Am 28.Mai 1918 wurde die Aserbaidschanische Demokratische Republik (ADR), der erste freie und demokratische Staat in der islamischen Welt, proklamiert. Es wurde das Frauenwahlrecht eingeführt, moderne Kunst und Kultur erlebten eine Hochphase. Im Parlament des kaspischen Landes waren alle ethnischen Minderheiten vertreten, jeder sechste Abgeordnete war Armenier. 1920 setzten die Bolschewiki der multikonfessionellen und progressiven Staatsordnung ein Ende, der Kommunismus obsiegte und Aserbaidschan errang seine Freiheit erst nach der Auflösung der Sowjetunion 1991 wieder.
Trotz der Besetzung von Berg-Karabach und sieben angrenzender aserbaidschanischer Verwaltungseinheiten durch die Republik Armenien entwickelte sich der traditionsreiche südkaukasische Staat zu einem prosperierenden Land. Nach der Jahrtausendwende wies er über mehrere Jahre die höchsten Wachstumsraten weltweit auf. Die Republik Aserbaidschan ist nicht nur der größte Staat des südlichen Kaukasus, sondern auch der bei Weitem wirtschaftlich stärkste.
Der Vertrag des Jahrhunderts
Der Kaspische Raum ist heute aufgrund der großen Öl- und Gasressourcen und der damit verbundenen Projekte zum Export der Energierohstoffe auf die Weltmärkte zu einer wichtigen geoökonomischen Region der Erde geworden. Dazu gehört auch Aserbaischan mit seinen Ressourcen und seiner erfolgreichen Energieaußenpolitik. Im September 1994 setzte im modernen Aserbaidschan eine langfristige Energiestrategie ein. Sie wurde vom damaligen Präsidenten Hejdar Alijew begründet und begann mit der Unterzeichnung eines Vertrages zwischen der Aserbaidschanischen Staatlichen Erdölgesellschaft (SOCAR) und zehn Erdölunternehmen aus sechs Ländern über die gemeinsame Ausbeutung der tiefliegenden Teile der Erdölfelder Azeri, Ciraq und Günesli im aserbaidschanischen Sektor des Kaspischen Meeres und der Aufteilung der entsprechenden Erdölproduktion.
Dieser Vertrag hat eine Dauer von 30 Jahren und gilt als “Vertrag des Jahrhunderts”. Er legte den Grundstein der aserbaidschanischen Erdölstrategie, sowohl was die Diversifizierung der Akteure bei der Rohstofferschließung, als auch die Entwicklung der umfassenden Wirtschaft betraf. Der Reichtum an den Kohlenwasserstoffressourcen sowie die günstige geostrategische Lage entlang der eurasischen Transitwege begründete das enorme Interesse ausländischer Investoren am aserbaidschanischen Erdöl und Erdgas.
Das 20. Jahrhundert war das des Erdöls; im 21. Jahrhundert geht es um eine langfristige Energieversorgung mit dem CO2 freundlicheren Erdgas. Dafür ist Aserbaidschan ein wichtiger Partner Europas. Die 2005 in Betrieb genommene Erdölleitung Baku-Tbilisi-Ceyhan und die südliche Erdgasschiene sind für die Energiersicherheit Südeuropas von großer Bedeutung. In diesem Jahr beginnen die Erdgaslieferungen aus dem Shah Deniz II Feld im Kaspischen Meer im Rahmen des Südlichen Erdgaskorridors über Georgien, die Türkei und Albanien in die Europäische Union. Von den zehn Milliarden Kubikmetern Gas wird der Großteil nach Italien exportiert, jedoch profitieren auch Griechenland und Bulgarien von dem Projekt. Langfristig soll das von der EU unterstützte Erdgasinfrastrukturprojekt auch weitere Länder Südosteuropas mit eurasischem Erdgas versorgen. Die erfolgreiche Umsetzung der Projekte zum Transport der Kohlenwasserstoffressourcen der Kaspischen Region nach Europa trägt zur Diversifizierung des Bezugs fossiler Energieträger für Europa bei.
Struktureller Wirtschaftswandel und Aufschwung
Darüber hinaus befindet sich die Ökonomie des Aserbaidschan in einer Phase der Stabilisierung sowie des strukturellen Wirtschaftswandels. Der IT-Sektor, Transport und Logistik, Tourismus sowie der Agrarsektor werden immer bedeutender und diversifizieren die Volkswirtschaft. Aufgrund der bedeutenden Erdöl- und Erdgasexporte beträgt die Armutsquote unter fünf Prozent und knapp 80 Prozent der Bevölkerung hat heute Zugang zum Internet. Im Doing Business Index der Weltbank belegt Aserbaidschan aktuell Platz 34 von 190. Nach dem baldigen Abflauen der Covid19 Pandemie bieten sich somit herausragende Möglichkeiten für ausländische Investoren beim Einstieg in den lukrativen aserbaidschanischen Markt.
Derzeit bekämpft die Regierung von Aserbaidschan durch umfangreiche Finanzhilfen die Coronakrise mit ca. 4000 infizierten einheimischen Menschen. Die geringe Anzahl an Betroffenen läßt sich auf die schnelle Reaktion mit entsprechenden Maßnahmen von Seiten der Regierung und der Gesundheitsbehörden nach Krisenausbruch sowie deren Akzeptanz in der Bevölkerung zurückführen.
Hilfsgelder für das Gesundheitssystem
Umfassende finanzielle Mittel flossen seit Ende März im Rahmen eines großen Hilfspaketes in die Wirtschaftsförderung sowie die Stärkung des Gesundheitssystems, um makroökonomische Stabilität zu erreichen und die soziale Lage in der südkaukasischen Republik zu stabilisieren. Die mobilisierten Hilfsgelder zur Bekämpfung der Coronavirus-Krise summieren sich bisher auf umgerechnet rund 1,6 Milliarden US-Dollar. Sie machen 5,2 Prozent des für 2019 ausgewiesenen Bruttoinlandsproduktes im Nichtpetroleumsektor des Landes aus. Die Transfers sollen vorrangig jenen Unternehmen zugute kommen, die keine Mitarbeiter entlassen, Lohnkürzungen vermeiden und generell ihrer sozialen Verantwortung gegenüber der Gesellschaft nachkommen.
Die zweite Säule des Stabilisierungskonzeptes bildet ein Nothilfefonds zur Unterstützung des Kampfes gegen das Pandemievirus. Er dient zur Ko-finanzierung zusätzlicher Ausgaben und neuer Maßnahmen im Gesundheitswesen. Präsident Ilham Alijev gründete den Fonds per Erlass am 19. März 2020. Der staatliche Fonds verfügte am 30. März 2020 über ein Gesamtvolumen von umgerechnet rund 59 Millionen US-Dollar. Der Reservefonds des Präsidenten der Republik Aserbaidschan steuerte zwölf Millionen US-Dollar zum Fondsvolumen bei. Die Gelder aus dem Nothilfefonds sollen zunächst bis Ende 2020 fließen, bei Bedarf auch länger. Zudem nahm in der Hauptstadt Baku bereits am 28. März 2020 eine neue Klinik für die Behandlung von Covid-19-Infizierten ihren Betrieb auf. Sie verfügt über 575 Betten. Somit hat Aserbaidschan alle Voraussetzungen geschaffen, um gestärkt aus der Krise hervor zu gehen und seine erfolgreiche Entwicklung auch in unsicheren Zeiten fortzusetzen.
^*^