Tagesübersicht Russlandgeschäft: 30.06.2016

Willkommen zur Tagesübersicht Russlandgeschäft an diesem Donnerstag, den 30. Juni 2016. Gestern wurden sowohl Sanktionen aufgehoben als auch verlängert. Das sind unsere Themen:


Russische Gegensanktionen bis Ende 2017 verlängert

Die einen Sanktionen werden verlängert, die anderen aufgehoben – an einem Tag. Gestern unterschrieb der russische Präsident ein Ukas (Anordnung), das die Verlängerung des russischen Lebensmittel-Embargos gegen westliche Staaten bis Ende 2017 verlängert.

Die Verlängerung der russischen Gegensanktionen um eineinhalb statt nur ein Jahr hatte der Premierminister Dmitrij Medwedew vor einem Monat angeregt. Dadurch bekämen russische Landwirte mehr Planungssicherheit.

Mehr zum Hintergrund der Verlängerung lesen Sie in diesem Artikel auf Ostexperte.de.


Türkei-Sanktionen aufgehoben

Aufgehoben werden hingegen die Einschränkungen für den russischen Tourismusverkehr in die Türkei. Auch über eine Aufhebung der Wirtschaftssanktionen soll nun verhandelt werden, wies der russische Präsident Putin gestern die russische Regierung an.

Zuvor hatte Putin mit seinem türkischen Amtskollegen Erdogan telefoniert. Dieser hatte sich am Montag überraschend für den Abschuss einer russischen Militärmaschine an der türkisch-syrischen Grenze im November 2015 entschuldigt. Seitdem herrschte Funkstille.

Der türkische Tourismus hatte stark unter den Einschränkungen für russische Touristen gelitten. Nun hofft man auf Besserung.

Näheres dazu lesen Sie in diesem Artikel.


Umstrittenes Anti-Terror-Gesetz vom Föderationsrat gebilligt

Das vergangene Woche von der Duma beschlossene Paket von Anti-Terror-Gesetzen wurde gestern vom Föderationsrat gebilligt. Damit fehlt nur noch die Unterschrift des Präsidenten, damit es 2018 in Kraft tritt.

Dass es nun so schnell ging, ist besonders vor dem Hintergrund bemerkenswert, dass die Gesetze für große Kritik gesorgt hatten.

Die größten russischen Mobilfunkbetreiber hatten sich etwa klar gegen die vorgesehene Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Diese sei “technisch und ökonomisch nicht umsetzbar“. Dem Gesetz zufolge müssen nämlich alle Gespräche und Nachrichten für sechs Monate gespeichert werden – auch die Inhalte. Ähnliches gilt für Internet-Messaging-Dienste.

Das Gesetz habe daher auch für die Wirtschaft und den russischen Haushalt große Auswirkungen, argumentierten die Mobilfunkanbieter in einem Brief.

Hier bei uns lesen Sie mehr.

Auch Edward Snowden meldete sich dazu gestern per Twitter zu Wort und kritisierte, dass die „Big Brother Law“ trotz aller Proteste nun kurz vor der Unterschrift stehe.


Passagierzahlen russischer Airlines nahmen im Mai weiter ab

Die Passagierzahlen russischer Airlines nahmen im Mai 2016 weiter ab. Auch der Trend, dass die Zahl der Inlandsflüge zunimmt, wogegen die Flüge ins Ausland abnehmen, setzte sich fort.

Erstaunlicherweise konnten in den ersten fünf Monaten des Jahres alle fünf größten russischen Airlines deutlich zulegen.

Welche Airlines das sind und wie es sein kann, dass die Passagierzahlen abnehmen, obwohl die größten von ihnen wachsen, lesen Sie in diesem Artikel.


Putin besucht die Deutsche Schule Moskau

So hohen Besuch hatte die Deutsche Schule Moskau im Deutschen Dorf am Prospekt Wernadskogo noch nie. Gestern kam nämlich der russische Präsident Wladimir Putin persönlich vorbei. Als Teil eines Geschichtsprojekts über den Zweiten Weltkrieg. Am 22. Juni hatte sich der Überfall Nazi-Deutschlands auf die Sowjetunion zum 75. Mal gejährt.

Nach einer kurzen Begrüßung auf Deutsch (Link zur Rede auf Russisch) gab er den Schülern mit auf den Weg: “Es ist sehr wichtig, dass russische und deutsche Schüler über die Vergangenheit reden, um in die Zukunft zu gehen.“ Beobachter werten den Besuch im kleinen Rahmen als positive politische Geste.

Doch der russische Präsident ist auch persönlich mit der Deutschen Schule verbunden. Putins Töchter Maria und Katharina lernten dort. Der Musiklehrer, der das Geschichtsprojekt organisierte, bei dem Schüler der deutschen Schule Moskau, aus Bad Salzungen in Thüringen und der russischen Provinzstadt Rschew zusammentrafen, war ein Klassenkamerad Marias.

Die Lehrer hätten Putin vor wenigen Wochen eingeladen – aber ohne große Hoffnung, schreibt das ZDF. Doch vor wenigen Tagen sei plötzlich eine Zusage aus dem Kreml gekommen.

Viele deutsche Medien berichteten über den Besuch.


Lesetipp 1: Carnegie Center Moscow betrachtet Russlands Verhältnis zu China

Unser heutiger Lesetipp stammt vom Carnegie Center. Der Artikel “Friends With Benefits? Russian-Chinese Relations After the Ukraine Crisis” beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Russland und China nach der Ukraine-Krise.

Untersucht wird etwa eine Zuwendung Russlands nach China. Die Beziehung der Länder wird als „asymmetrisch“ bezeichnet – Russland sei der abhängigere Partner.


Lesetipp 2: Rubelschwemme in Russland: Turbulenzen durch zu viel Staatsgeld

Benjamin Triebe von der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) kommentiert die am Montag beschlossene Anhebung der Reserveanforderungen für russische Banken durch die Zentralbank. Die höhere Reserven entziehen dem Bankensystem Liquidität. Das sei nötig geworden, weil die russische Regierung trotz des Budget-Defizits weiter ausgebe und dazu Geld aus den Reservefonds verwende. Diese Rubelschwemme bleibe im Finanzsystem hängen.

“Die höheren Reserven konterkarieren die Leitzinssenkung, welche die Währungshüter im Juni endlich tätigten, nachdem sie zuvor wegen hoher Inflation fast ein Jahr hatten stillhalten mussten. Die Kreditvergabe an Unternehmen ist rückläufig. Doch statt die Zügel für Banken zu lockern und Investitionen zu fördern, ist die Zentralbank gezwungen, auf Verzerrungen durch staatliche Ausgaben zu reagieren, die obendrein private Ausgaben verdrängen.”

Aus dieser Situation gebe es fast keinen anderen Ausweg solange die Regierung nicht die Ausgaben kürze.

“Die gute Nachricht: Das Problem könnte sich 2017 selbst lösen, weil der Reservefonds dann aufgebraucht ist. Die schlechte: Es gibt noch einen staatlichen Wohlfahrtsfonds mit 73 Mrd. $.”, schließt die NZZ den Kommentar.