Tagesübersicht Russlandgeschäft: 14.01.2016

Ausführliche Diskussionen zur russischen Wirtschaftskrise auf dem Gaidar-Forum, der russischer Automarkt 2015 und Verluste durch die Sanktionen – die Tagesübersicht Russlandgeschäft am 14.01.2016

Willkommen zur Tagesübersicht Russlandgeschäft am Donnerstag, den 14. Januar 2016. Gestern war im Russlandgeschäft mit dem Gaidar-Forum in Moskau und der Russland-Konferenz 2016 in Düsseldorf ein Tag der Konferenzen. Über letztere berichten wir hier allerdings noch nicht, dafür umso ausführlicher über das Gaidar-Forum.

Bevor wir anfangen noch eine positive Kurzmeldung: heute wurde bekannt, dass die deutsche Wirtschaft 2015 um 1,7 Prozent gewachsen ist – so viel wie seit vier Jahren nicht mehr.

Hier sind nun aber endlich unsere Themen:

  • Russischer Automarkt 2015 um 35,7 Prozent eingebrochen,
  • Gaidar-Forum: hochrangiger russische Wirtschaftspolitiker diskutieren Krise,
  • Russland hat 2015 durch die Sanktionen 25 Milliarden Dollar verloren, die EU 50 Milliarden.

Russischer Automarkt 2015 um 35,7 Prozent eingebrochen

Keine guten Nachrichten vom russischen Automarkt in den letzten Jahren. Der russische Automarkt ist 2015 um 35,7 Prozent eingebrochen. 2015 seien 1,6 Millionen Neuwagen verkauft worden. 890.000 weniger als im Vorjahr (2014: 2,49 Millionen). Das gab des Automotive-Kommitee des AEB heute auf einer Pressekonferenz in Moskau bekannt.

Mehr dazu lesen Sie hier.

Gaidar-Forum: hochrangiger russische Wirtschaftspolitiker diskutieren Krise

Gestern hat in Moskau das Gaidar Forum 2016 begonnen, eine Konferenz, auf der Russland aktuelle Themen – vor allem wirtschaftliche – diskutiert werden. Der Titel der Veranstaltung in diesem Jahr: “Russia and the World: Looking to the Future”. Sie dauert insgesamt drei Tage und geht bis Freitag. Zu den Teilnehmern zählten anderem: Ministerpräsident Dmitrij Medwedew, Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew, Industrie- und Handelsminister Denis Manturow und Finanzminister Anton Siluanow. Auch Siluanows Vorgänger, Alexej Kudrin, war anwesend.

Das Forum ist nach dem 2009 gestorbenen Politiker und Ökonomen Jegor Gaidar benannt. 1991 bis 1992 war er Wirtschaftsminister. Gaidar wird in der russischen Öffentlichkeit heute noch als Mitverantwortlicher der Rubelkrise in Russland 1991 und 1992 angesehen.

Siluanow: Budgetanpassung nötig

Doch den Auftakt machte Finanzminister Anton Siluanow mit einer Referenz auf eine andere Krise. Das Budget müsse schleunigst an die aktuell niedrigen Ölpreise angepasst werden.”Wenn wir das nicht tun, wird das Gleiche passieren wie 1998/99″, sagte er.

Das bisherige Budget für 2016 geht noch von einem Ölpreis von 50 Dollar pro Barrel aus. Und auch dabei soll es ein Defizit von drei Prozent des BIP geben. Mittlerweile ist er aber bei unter 30 Dollar pro Fass angelangt. Bereits 2015 lag das Budget-Defizit bei 2,6 Prozent des BIP. Sollten keine Ausgaben gesenkt werden, sei auch die russischen Reservefonds bald ausgeschöpft, schätzt die Weltbank in ihrem neuen Bericht.

Schuwalow bestätigt: Budget soll um 10 Prozent gekürzt werden

Zuletzt wurde in russischen Medien berichtet, dass das Staatsbudget Russlands für 2016 um zehn Prozent gekürzt werden soll. Vize-Premierminister Igor Schuwalow bestätigte die Berichte gestern. Die Fachminister wurden offenbar aufgefordert, Szenarien für Ölpreise von 45, 35 und 25 Dollar pro Fass durchzurechnen. Lesen Sie dazu auch diesen Artikel auf Ostexperte.de.

Militärausgaben und Sozialleistungen seien davon aber ausgenommen – vorerst, sagte Siluanov in einem Interview mit Bloomberg. Man werde sehen, wie sich die Situation weiter entwickele.

Man werde auch einen ambitionierteren Privatisierungsplan in Erwägung ziehen, sagte Vize-Premier Schuwalow gestern. Jedoch nicht zu jedem Preis, ergänzte er.

Medwedew: 2015 schwierigstes Jahr seit Langem, auch positive Trends

Premierminister Dmitrij Medwedew sagte auf dem Forum außerdem, dass 2015 für die russische Wirtschaft das schwierigste Jahr seit Langem gewesen sei. Noch nie habe Russlands Wirtschaft so viele Herausforderungen gleichzeitig bewältigen müssen, wie etwa den Ölpreisverfall und die Auswirkungen der Sanktionen, sagte der russische Regierungschef.

Man habe es jedoch geschafft, durchzuhalten. “Jetzt ist unsere wirtschaftliche Situation unter Kontrolle und es gibt einige positive Trends. Und zwar folgende: Russland ist eines der zehn Länder mit den geringsten nationalen Schulden und den größten Gold- und Fremdwährungsreserven. Es gab keine Flucht vor dem Rubel und der Kapitalabfluss hat abgenommen.”

Medwedew plädierte zudem für eine Normalisierung der Beziehung zu Europa. “Wir sind bereit, zu normalen Beziehungen mit Europa zurückzukehren. Europa ist ein wichtiger Partner für Russland. Das Handelsvolumen mit der EU beträgt hunderte Milliarden Euro. Ich bin mir sicher, dass sich in dieser Sache der gesunde Menschenverstand durchsetzen wird.”

Heute geht die Konferenz weiter. Hier ist Link zum Programm (auf Englisch) und hier finden Sie einen Link zu den „Zitaten des Tages“ auf der Website des Forums.


Russland hat 2015 durch EU-Sanktionen 25 Milliarden Dollar verloren, die EU 50 Milliarden

Russland habe durch die EU-Sanktionen 2015 Verluste in Höhe von 25 Milliarden US-Dollar erlitten, sagte der stellvertretende Minister für Wirtschaftsentwicklung, Alexej Lichatschew, am Mittwoch. Ebenfalls auf dem Gaidar Forum 2016 in Moskau.

Die Europäische Union habe hingegen zwischen 2014 und 2015 90 Milliarden Dollar verloren. „Wir schätzen die Verluste von den verhängten Sanktionen und den Antwortmaßnahmen für die EU auf 40 Milliarden Dollar 2014 und 50 Milliarden 2015. Wir prognostizieren für Russland 2015 (wegen der EU-Sanktionen) ein Minus von um die 25 Milliarden Dollar“, sagte er. Die nachteiligen Auswirkungen nähmen allerdings ab, sagte er laut TASS.

Klar ist: alle leiden unter den Sanktionen. Niemand will sie eigentlich. Die Forderungen, sie abzuschaffen mehren sich. Doch das Aufrechnen der Sanktionen, wie es Lichatschew es vornimmt, ist fragwürdig. Will man sich nun aber darauf einlassen, hinkt der Vergleich an mehreren Stellen: Erstens verteilten sich die Verluste der EU auf die 28 EU-Mitgliedsstaaten – wenn auch nicht gleichmäßig und zweitens sind die Verluste für Russland gemessen an Russlands (wesentlich geringerem BIP) anteilsmäßig größer.