Zwischen Vertrauen und Skepsis: Deutsche Unternehmen in Russland

Verschlechterung des Geschäftsklimas in Russland

Corona hinterlässt Spuren – auch in den deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen. Deutsche Unternehmen finden, dass sich das Geschäftsklima in Russland 2020 verschlechtert hat und sind besorgt über die kriselnden politischen Beziehungen beider Länder. Das zeigt die aktuelle Geschäftsklima-Umfrage der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) und des Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft.

„Die Corona-Pandemie und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen hinterlassen in der diesjährigen Umfrage natürlich ihre Spuren im Geschäftsklima“, beschrieb der Ost-Ausschuss-Vorsitzende Oliver Hermes die Ergebnisse auf der Online-Pressekonferenz. Die Umfrage zeigte: 69 Prozent der befragten deutschen Unternehmen beurteilen die Entwicklung des Geschäftsklimas als negativ – im Vorjahr waren es nur 31 Prozent. Nur 12 Prozent sehen einen positiven Trend (Vorjahr 30 Prozent).

„Störfaktoren im Russlandgeschäft“, oder was bei den Befragten für schlechte Stimmung sorgt: die starke Abwertung des Rubel (72,5 Prozent) gefolgt von Anti-Corona-Maßnahmen (45 Prozent).

Dennoch, trotz der widrigen Umstände ist die Mehrheit der Unternehmen mit ihrem aktuellen Russlandgeschäft zufrieden: „Russland bleibt für die meisten Unternehmen ein sehr wichtiger Markt.“ kommentierte Harms. Demnach bewerten 37 Prozent die eigene Geschäftslage in Russland mit gut bis sehr gut (Vorjahr 41 Prozent), und 52 Prozent mit befriedigend. AHK-Präsident Rainer Seele bestätigte: „Trotz Corona, Sanktionen und globalen Handelskonflikten vertraut die deutsche Wirtschaft in den russischen Markt“.

Doch was die Wirtschaftsvertreter jetzt vertrauensvoll als stabil bewerten, könnte sich weiter verschlechtern. Laut Umfrage rechnen nur 36 Prozent der Unternehmen nach der Rezession im Jahr 2020 mit einer positiven Wirtschaftsentwicklung für 2021 – 37 Prozent befürchten eine Stagnation, und 15 Prozent sogar eine negative Entwicklung.

Weiter rechnen 61% der Unternehmen 2021 mit stagnierenden Exporten. Mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr erwarten einen Rücklauf der Exporte nach Russland.

Neben der Coronakrise gibt es weitere Faktoren, die den Ausblick trüben: eine drastische Verschlechterung der bilateralen Beziehungen. Nach Einschätzung von 70 Prozent der Befragten haben sich die deutsch-russischen Beziehungen in den letzten zwölf Monaten verschlechtert. Im Vorjahr teilten nur acht Prozent diese Meinung. „Das ist ein dramatischer Wert“, sagte Oliver Hermes. „Dieser Entwicklung dürfen Wir nicht tatenlos zusehen. Die Verständigung zwischen Deutschland und Russland sollte jenseits aller Differenzen Staatsräson bleiben. Wir haben große Aufgaben im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Miteinander zu bewältigen.“

Gesagt getan, der Ostausschuss und die AHK Moskau ließen verlauten: noch in diesem Dezember werde sich an der Gründung eines neuen deutsch-russischen Unternehmerrates aktiv beteiligt, und der Ost-Ausschuss werde im Auftrag des Auswärtigen Amtes von deutscher Seite das Deutsch-Russische Jahr für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung 2020-2022 koordinieren. „Dieses neue Themenjahr, das noch im Dezember beginnt, wird uns vielfältige Möglichkeiten eröffnen, gerade die deutsch-russische Zusammenarbeit im Klimaschutz zu intensivieren.“, konstatierte Hermes.

Bei allen Veränderungen bleibt eine Sache unverändert: die Mehrheit deutscher Unternehmen ist für den Abbau der Sanktionen (89 Prozent) und die Fertigstellung des Pipeline-Projektes Nord Stream 2 (41 Prozent).

Die vollständige Auswertung der AHK-Geschäftsklimaumfrage lesen Sie hier (PDF).

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