Herfried Münkler sieht Lösung für Ukraine-Konflikt
Herfried Münkler, ordentlicher Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin, kritisiert in einem Interview die „neoimperialen Ambitionen“ der russischen Regierung in Georgien und auf der Krim. Gleichzeitig sagt er aber, dass die EU ein „tragfähiges Verhältnis“ zu Russland braucht. Auch die Sanktionen gehören ihm zufolge auf den Prüfstand.
Der Politikwissenschaftler Herfried Münkler sieht Möglichkeiten, im Ukraine-Konflikt eine tragfähige Lösung auszuhandeln. Dafür müsse die EU aber Russland gegenüber als einheitlicher Verhandlungspartner auftreten, forderte Münkler vor dem Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Moskau in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwoch).
Solange Brüssel keine klare Verhandlungsmacht aufbiete, werde der Kreml verschiedene nationale Positionen in der EU gegeneinander ausspielen. „Es muss klar sein, welches Telefon in Europa für Moskau zuständig ist“, sagte der Professor am Lehrstuhl für Theorie der Politik der Humboldt-Universität Berlin.
Eine Kompromisslösung mit Russland könne durchaus die Festlegung gewisser Einflusssphären in Europa bedeuten, sagte Münkler. Für die Ukraine könne eine solche Verständigung schmerzhaft sein, ihre Souveränität dürfe aber nicht zur Debatte stehen, betonte der Politikberater: „Russland hat keinen Anspruch darauf, das Land als seinen Interessensbereich zu betrachten.“
Sowohl in Europa wie in Moskau müsse man jedoch überlegen, ob man „in einem festgefahrenen, durch kleinschrittige Symbolik geprägten Konflikt verharren“ wolle oder eine Verständigung anstrebe.
Neoimperiale Ambitionen
Fraglos schaffe der Kreml mit seinen neoimperialen Ambitionen etwa in Georgien und vor allem auf der Krim und in der Ostukraine erhebliche Sprengpotenziale. „Allerdings spricht eine gewisse politische Klugheit dafür, diese Konflikte niedrig zu halten und nicht so zentral zu machen, wie es in der letzten Zeit der Fall gewesen ist“, sagte Münkler. Die gegenseitigen Sanktionierungen etwa gehörten auf den Prüfstand.
Langfristig sieht der Experte für Konfliktforschung die großen außenpolitischen Probleme für Europa im Nahen Osten und im Mittelmeerraum. „Um dort Stabilität zu schaffen, braucht es ein tragfähiges Verhältnis zu Russland.“