Morgenkommentar am 5. April 2017

St. Petersburg wird in die Reihe der genannten Städte nicht aufgenommen. 14 Terrortote, doch das Brandenburger Tor blieb am Montag wie an jedem Abend in fahles, gelbes Licht getaucht. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Die russischen Diplomaten in der hundert Meter entfernten Botschaft werden ihre Enttäuschung rasch verwunden haben.

Morgenkommentar am 4. April 2017

Dass ein Attentat wie gestern in St. Petersburg zu erwarten war, stand seit langem fest. In den Augen der fanatischen Sunniten des “Islamischen Staats” (IS) steht Russland sinnbildlich für die Einmischung der ungläubigen Europäer in den arabischen Konfessions- und Bürgerkrieg. Moskaus Zusammengehen mit dem schiitischen Iran, der Hezbollah-Miliz und der Assad-Regierung in Syrien macht das Land zur Zielscheibe des sunnitischen Hasses.

Morgenkommentar am 3. April 2017

Mit seinen Äußerungen rührt der neue Präsident an ein über Jahrzehnte austariertes System. Bislang kommt die Existenz Nordkoreas allen zupass. Nicht zuletzt die USA profitieren: Dank der koreanischen Teilung unterhalten sie eine massive Militärpräsenz vor Chinas Haustür.

Brief zum Wochenende, 31. März 2017

Lieber Dmitri Anatoljewitsch, vor einer Woche ist der Nachwuchs gegen Sie auf die Straße gegangen. Eine patriotische Generation, die ein starkes Russland schaffen will. Die vom Liberalismus angehaucht ist, aber nicht infiziert. Und die jetzt davon träumt – träumen muss, den ersten Arbeitsplatz im Ausland zu finden. Und das nicht, weil es im eigenen Land nichts zu tun gäbe. Es gibt Arbeitsplätze, die Wirtschaft wächst. Das Potential ist riesig.

Morgenkommentar am 30. März 2017

Die Lieblingsthese der Inquisitoren: Hacker im Auftrag der Lubjanka, des früheren KGB-Hauptquartiers, haben im Wahlkampf die Mailserver der Demokratischen Partei durchforstet. Gemeinsam mit Trump-Vertrauten wurden dann die skandalträchtigsten E-Mails ausgewählt und durch eigens programmierte Russen-Bots, Software mit vorgeblich menschlicher Identität, auf Twitter und Facebook verbreitet.

Morgenkommentar am 29. März 2017

Die in Russland so verbreitete Mischung aus Patriotismus und zynischer Verachtung des Staats lernt erst der Erwachsene. Die Jungen, deren Coolsein immer nur aufgesetzt ist, glauben noch, dass es eine Wahrheit gibt. Korruption ist das eine große Thema.

Morgenkommentar am 28. März 2017

Am Montagabend wurde in Berlin das neue Zentrum für Osteuropa- und Internationale Studien (ZOIS) eröffnet. Die Einrichtung verdankt sich dem Koalitionsvertrag der Regierungsparteien aus dem Jahr 2013 – dass im Hintergrund der Auftrag mitschwebt, die Frontkämpfer im west-östlichen Informationskrieg mit Munition zu versorgen, wurde zum Glück am Eröffnungsabend nicht thematisiert.

Morgenkommentar am 27. März 2017

Lange Zeit war es Putins Zauberstück, sich der enttäuschten Herzen, die in solchen Zeiten den Populisten zufliegen, als Volkstribun selbst zu bedienen. Doch die großen Spektakel sind Vergangenheit: die Heimholung der Krim, die Macho-Inszenierungen … selbst an die Rückkehr in die Weltpolitik hat man sich gewöhnt.

Brief zum Wochenende, 24. März 2017

Verehrter Präsident Petro Poroschenko,

wenn Sie rufen: “Haltet den Dieb!”, weiß doch eigentlich jeder, worum es geht. Glauben Sie nicht? Gestern wurde in Kiew Ihr Landsmann Denis Woronenkow erschossen. Am hellichten Tag und direkt vor dem Hotel Premier Palace. Starkes Stück. Sein Leibwächter liegt schwer verletzt im Krankenhaus, der Täter kam bei dem Schusswechsel ums Leben.

Morgenkommentar am 23. März 2017

Der diesjährige European Song Contest (ESC), lange bekannt als Grand Prix Eurovision de la Chanson, findet in der ukrainischen Hauptstadt Kiew ohne die von Russland nominierte Kandidatin Julia Samoilowa statt. Die an den Rollstuhl gefesselte Sängerin, die mit ihrem Lied “Flame is burning” schon bei der Eröffnung der olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 auftgetreten war, wurde jetzt von der Kiewer Regierung mit einem dreijährigen Einreiseverbot belegt.

Morgenkommentar am 22. März 2017

Auch in deutschen Medien liest man das ständig: russische Aggression und Expansionslust. Um Missverständnissen vorzubeugen: Auf der Krim und in der Ostukraine hat der Kreml sich aggressiv verhalten – und damit in konkreten Konflikten seinen Standpunkt durchgesetzt. Punktuelles Durchsetzen eigener Interessen mit militärischen Mitteln gehört zum Repertoire der Großmächte, Stichwort Irak 2003.

Morgenkommentar am 21. März 2017

Ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen spannt sich die Atmosphäre. In St. Petersburg protestierten am Wochenende an die Zehntausend gegen gleich mehrere Vorhaben der Stadtregierung: die Rückgabe der Isaaks-Kathedrale an das Moskauer Patriarchat, die Zusammenlegung der Moskauer und Petersburger Nationalbibliotheken, die geplante Schließung einer liberalen Privatuniversität und umstrittene Bauprojekte.