Morgenkommentar am 3. April 2017

Volles Rohr gegen Nordkorea: US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, die nukleare Bedrohung durch Nordkorea auch dann ausschalten zu wollen, wenn die Chinesen weiter als Schutzmacht Pjöngjangs aufteten. Notfalls im US-Alleingang.

“Wenn China das Nordkorea-Problem nicht löst, dann eben wir. Das ist alles, was ich dazu zu sagen habe.”

Mit seinen Äußerungen rührt der neue Präsident an ein über Jahrzehnte austariertes System. Bislang kommt die Existenz Nordkoreas allen zupass. Nicht zuletzt die USA profitieren: Dank der koreanischen Teilung unterhalten sie eine massive Militärpräsenz vor Chinas Haustür. Japan freut sich über den zusätzlichen Festlandsriegel zum Schutz ihres verwundbaren Inselreichs. Analog gilt das sogar für die Koreaner im Süden der Halbinsel, die sich durch die USA nicht nur vor den verfeindeten Brüdern im Norden, sondern vor beiden historischen Gegner, China und Japan, gesichert fühlen dürfen.

Die Chinesen befürchten zu Recht, ein vereintes Korea würde im Bund mit Japan und Taiwan, gestützt von den USA, die Macht der Gegenspieler im Westpazifik stärken.

Fehlt nur noch Russland, wo man Beziehungen zu beiden Seiten der entmilitarisierten Zone unterhält. Russland sieht in jedem eurasischen Konflikt erst einmal die Gelegenheit, sich unorthodox zu profilieren. Der russischen Außenpolitik ist das Dilemma des Westens, wo man als erstes die Guten und die Bösen definieren muss, unbekannt; in der Verteilung seiner politischen Loyalitäten ist Moskau frei.

Derzeit bedeutet das: Wenn China und die USA sich streiten, könnte Russland Punkte machen. Das für beide Koreas interessante Pipelineprojekt, mit dem sibirisches Gas in den Süden der Halbinsel gebracht werden soll, verschafft Moskau politische Hebel. Manch einer glaubt schon, dass am Ende nicht Trump, sondern Putin den wirren Kollegen Kim vom Krieg abhalten könnte.