Morgenkommentar am 27. März 2017

Angela Merkel und Wladimir Putin sind sich in vielem ähnlicher, als man denkt. Das gilt auch für ihr politisches Schicksal. Beide haben ihre besten Zeiten hinter sich. Beide brennen nicht mehr für ihr Amt. Beide stellen sich nur noch halb widerwillig einer Wahl, deren Ergebnis für ihre beiden Länder tiefgreifende Bedeutung haben wird: Deutschland im September, Russland im kommenden März.

Beide haben zudem mit wachsender Ablehnung der Eliten durch das Volk zu kämpfen. Das Gefühl, an der Nase herumgeführt und belogen zu werden, ist in Russland mindestens so stark ausgeprägt wie hierzulande. Zumal ein wesentlicher Faktor hinzukommt, der so in Deutschland nicht existiert nicht wahrgenommen wird: die Korruption.

Lange Zeit war es Putins Zauberstück, sich der enttäuschten Herzen, die in solchen Zeiten den Populisten zufliegen, als Volkstribun selbst zu bedienen. Doch die großen Spektakel sind Vergangenheit: die Heimholung der Krim, die Macho-Inszenierungen … selbst an die Rückkehr in die Weltpolitik hat man sich gewöhnt. Putin 2017 ist ein Mann, der im Einklang mit den Eliten diesen die Macht sichert. Als Populist hat er ausgedient.

Zumal ihn sein einziger Gegner von Rang, der Nationalist und Korruptionsjäger Alexej Nawalnij, geschickt attackiert. Nawalnijs Enthüllungsvideos mögen Halbwahrheiten verbreiten, aber die halbe Wahrheit ist immer noch besser als die ganze Lüge. In einem Land ohne institutionalisierte Opposition schlägt das Schweigen unvermittelt in offenen Protest um. Ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen dürfte Putin die deutsche Kanzlerin durchaus ein wenig beneiden. Die hat es schließlich nur mit der AfD zu tun. Oder mit dem Schulzzug. Pegida im ganzen Land wäre von entschieden anderer Qualität.