Morgenkommentar am 16. Januar 2017

Morgenlage am 16. Januar 2017

16.01.2017, 09.49 MEZ |  Trump mischt auf. BILD und Times hat er ein Interview gegeben, in dem vor allem transatlantische, europäische Aspekte zur Sprache kommen. Dabei bleibt er bei den für ihn typischen Widersprüchen: Die NATO hält er für obsolet und großartig zugleich. Es ist seine Weise zu sagen, dass sie einer Runderneuerung bedarf. Das gleiche trifft für das westlich-russische Verhältnis zu. Auch Trump wird dem Kreml nicht alles durchgehen lassen, aber die bisherige Politik – Sanktionen, Dialogverweigerung, Putin an den Katzentisch – hat den Konflikt nur aufgeladen. Jedenfalls keiner Lösung nähergebracht.

Den Europäern hält er den Spiegel vor’s Gesicht. Ob die sich nun vereinigen oder nicht, ob und inwieweit die EU sich verändern wird, ist ihm beinah schnuppe. Europäer, ruft er uns zu, nehmt euch nicht so wichtig. Ihr seid nicht die Avantgarde der Welt. Umso mehr gefällt ihm der Brexit. Trump hält es mit den Bauernregeln: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. Oder: Der Starke ist am stärksten allein.

Sein Lieblingswort: Deals. Dazu gehören vor allem zwei, und selten viele. Die Zeit des Multilateralismus, der “new world order”, neigt sich dem Ende zu. Dass im Februar nur ein einziger Vertreter der neuen US-Administration, und obendrein nur als Privatperson, zum Hochamt der Weltregierung im schweizerischen Davos kommen wird, sagt alles. Es waren die USA, die seit 1945, vor allem seit 1989/90 für Stabilität innerhalb der supranationalen Strukturen gesorgt haben. Geschwächt durch innere Widersprüche und herausgefordert durch externe Rivalen gelingt ihnen das nicht mehr.

Was immer die am Freitag beginnende Ära Trump an Überraschungen bringen mag, angenehme und unangenehme, eins ist gewiss. Die Zeit der schönen, hohlen Sprüche ist unwiderruflich zuende. All die Win-win-Situationen, das Gerede vom Global Village, von der “internationalen Gemeinschaft”, an die längst keiner mehr glaubt – was in die Tonne gehört, landet dort auch. Härter und rauer wird es werden – und ehrlicher. Im Guten wie im Bösen.