Morgenkommentar am 30. März 2017

Sie geben nicht auf: Neben dem US-Repräsentantenhaus untersucht jetzt auch der amerikanische Senat die vermeintliche Verschwörung des Trump-Wahlkampfteams und des russischen Geheimdiensts. Die Lieblingsthese der Inquisitoren: Hacker im Auftrag der Lubjanka, des früheren KGB-Hauptquartiers, haben im Wahlkampf die Mailserver der Demokratischen Partei durchforstet. Gemeinsam mit Trump-Vertrauten wurden dann die skandalträchtigsten E-Mails ausgewählt und durch eigens programmierte Russen-Bots, Software mit vorgeblich menschlicher Identität, auf Twitter und Facebook verbreitet.

Gleichzeitig sollen russische Nerds die US-Wählerlisten abgegriffen haben. Die waren dann der Schlüssel für das anschließende “Microtargeting”, erneut mit Hilfe von Bots. Gezielt und mit individuellen Botschaften wurden demzufolge ganze Wählergruppen manipuliert. Beispielsweise weiße Frauen unter 45 in Massachusetts mit dem Ziel, sie von der Wahl abzuhalten. Oder Arbeiter in Illinois, um sie gegen Hillary Clinton aufzuhetzen.

Keine Frage, dass eine solche Strategie nur in enger Zusammenarbeit mit einheimischen Experten umgesetzt werden kann. Keine Frage auch, dass die betreffenden US-Bürger sich des Landesverrats schuldig gemacht hätten. Die Trump-Gegner gehen aufs Ganze.

Wie viel angesichts der bislang dürren Beweislage am Ende hängenbleibt, wird sich zeigen. Die Massivität der Vorwürfe, der Umfang der Untersuchungsmaschinerie und die Omnipräsenz des Themas in den europäischen Medien könnten auch einem anderen Zweck dienlich sein. In Europa stehen Wahlen an, die im Establishment als schicksalsträchtig gelten. Die Selbstsicherheit ist nur vorgetäuscht; intern gelten die Rechtspopulisten als reale Gefahr für das Elitenprojekt EU. Um es zu verteidigen, wären da nicht alle Mittel erlaubt? Wenn es gelänge, im Wählerbewusstsein eine Identifizierung der Rechtsparteien mit einem wirksamen Feindbild zu bewirken … Ein Feindbild bietet sich an. Die Versuchung liegt auf der Hand.