Morgenkommentar am 24. Januar 2017

Dem verunglückten Spagat der Ukraine zwischen Ost und West setzte Anfang 2014 der “Kiewer Putsch” mit der Machtergreifung pro-westlicher Kräfte ein Ende. Jetzt versucht das kleine, zwischen Rumänien und der Ukraine eingequetschte Moldawien ein ähnliches Unterfangen.

Unter früheren Regierungen in der Hauptstadt Kischinau wurde das Land zwar schon weitgehend in die westliche Grenzarchitektur eingebaut (Östliche Partnerschaft 2009, EU-Assoziierung 2014). Dennoch macht der im Dezember 2016 zum Präsident gewählte Sozialist Igor Dodon, dem das Etikett “pro-russisch” anhängt, gleich zum Auftakt seiner Amtszeit der Eurasischen Wirtschaftsunion (EWU) Avancen. In Moskau unterzeichnete er kürzlich ein Rahmenabkommen zur Zusammenarbeit Moldawiens mit dem Wirtschaftsblock unter russischer Führung. Gleichzeitig kündigte er an, für sein Land einen EWU-Beobachterstatus zu erwirken.

Auch wenn es so aussieht: Dodon erstrebt keine Kehrtwende. Wenige Tage nach der Rückkehr aus Moskau kündigte er heute seinen Besuch bei der EU in Brüssel Ende Januar an. Die jeweils genannten Reisegründe waren für beide Besuche die gleichen: den Warenaustausch zu steigern und beim Gegenüber für sein kleines Land zu werben.

Beides hat Moldawien, dass mit der Ukraine und Albanien um den Titel “Armenhaus Europas” wetteifert, bitter nötig. Dodons Initiative wird auch der Lakmustest dafür sein, ob die beiden Wirtschaftsblöcke EU und EWU, oder besser ob der Westen und Russland aus den Fehlern, die in die Ukrainekrise führten, gelernt haben. 2013, in Kiew, haben beide Seiten noch mit aller Macht darauf hingearbeitet, sich die Beute allein zu sichern. Der Westen, vor allem die Pro-Westler in der Ukraine selbst, haben gewonnen – aber um welchen Preis. Dabei wäre alles nicht nötig gewesen.

Ob Igor Dodon nur kurzsichtige Schaukelpolitik betreibt oder ernsthaft will, dass sein Land zu beiden Seiten hin offen bleibt, muss sich noch weisen. Moskau, Brüssel und Kischinau wären jedenfalls gut beraten, sich von Anfang an zu dritt an den Tisch zu setzen. Dann täten sie genau das, was die EU der Kiewer Regierung 2013 noch beharrlich verweigert hat.