Russland diskutiert schärfere Waffengesetze
Bilder des Schreckens: eine öffentliche Schule in Kazan wurde zum Ziel eines Amoklaufs, sieben Kinder und zwei Erwachsene kamen ums Leben. Der Täter ist ein ehemaliger Schüler. Obwohl er seine Tat im Internet ankündigte, wurde er nicht aufgehalten. Nun diskutiert Russland schärfere Waffengesetze.
Am Dienstag startete Ilnaz Galyawiew, ein Absolvent der öffentlichen Schule №-175 in Kazan, den tödlichen Amoklauf in seiner ehemaligen Bildungseinrichtung. Sieben Kinder und zwei Erwachsene wurden bei dem Angriff getötet, 23 Menschen kamen mit Schusswunden und Knochenbrüchen ins Krankenhaus. Niemand konnte den Schützen rechtzeitig aufhalten. Obwohl Galyawiew in sozialen Netzwerken vor dem geplanten Anschlag warnte, gelang es den russischen Sicherheitsdiensten nicht, den Angriff zu verhindern. Die Schule selbst hatte über ein Jahr lang keinen professionellen Sicherheitsdienst. Der 12. Mai wurde in der Region Tatarstan zum Trauertag erklärt, und die Regierung beschloss auf Anweisung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Waffengesetze zu verschärfen, berichtet die Tageszeitung Iswestija.
Gegen 9:30 Uhr betrat Ilnaz Galyawiew die Kazaner Schule, bewaffnet mit einer halbautomatischen Schrotflinte. Der 19-jährige Angreifer hatte sich die Waffe legal beschafft: Er erhielt am 28. April einen Waffenschein. Auf seinem Weg durch das Gebäude schoss Galyawiew auf jeden, der ihm begegnete. Auch selbstgebauten Sprengstoff nutzte der ehemalige Schüler. Noch über hundert Kugeln hatte der Schütze über, brach aber den Angriff ab und ergab sich freiwillig der russischen Polizei, kurz nachdem diese am Tatort eintraf.
Dem ersten Verhör Galyawiews nach zu urteilen lässt sich dem Schützen eindeutig ein instabiler Zustand attestieren. Die vom “Kommersant” befragten Experten für psychische Gesundheit waren jedoch nicht in der Lage, die Gründe aufzulisten, die ihn zu diesem Angriff getrieben haben könnten, bis eine vollständige psychologische Untersuchung durchgeführt wird. “Solange wir nicht alle Umstände dieser Tragödie kennen, würde jeder Spezialist, der anfängt, Gründe aufzulisten, die Öffentlichkeit nur in die Irre führen“, sagte Alexander Asmolov, Arzt für Psychologie und Mitglied der Russischen Akademie für Bildung. Andere Experten für psychische Gesundheit kamen in den russischen Medien auf kontroverse Weise zu Wort. So wurden vielfach Aussagen verbreitet, dass es unmöglich sei, Menschen, die Amokläufe planen, in einer Menschenmenge oder unter Ihren Bekannten zu erkennen.
Mangelnde Sicherheit an öffentlichen Schulen
Um eine Tragödie wie die in Kasan zu verhindern, müsse jede Schule funktionierende Metalldetektoren und kugelsicheres Glas für das Sicherheitspersonal installieren, sagte der Vorsitzende der Moskauer Polizeigewerkschaft Michail Paschkin der “Iswestija”. “Neben Metalldetektoren, kugelsicherem Glas und einem Panikknopf muss dem Angreifer ein Profi im Weg stehen, der Verbrecher festhalten kann. Das würde ausreichen”, fasst Paschkin zusammen. Er merkte an, dass Schulen aktuell oft von Leuten über 60 bewacht würden, die bereits im Ruhestand seien. Um mehr Fachleute, wie ehemalige Polizisten oder Sicherheitsbeamte, zu gewinnen, müssten die Löhne der Schulwächter mindestens verdoppelt werden, so Paschkin.
Außerdem könnte die Tragödie von Kasan zu Änderungen in der Waffengesetzgebung führen. Ernest Waljew, erster stellvertretender Vorsitzender des Sicherheitsausschusses der russischen Staatsduma, sagte gegenüber der Tageszeitung Wedomosti, dass die Arbeit an der Verbesserung der Waffengesetzgebung sowie der Gesetze zur Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus ständig im Gange sei, aber erst nach tragischen Ereignissen aktiviert werde, wie es nach dem Massaker an der Polytechnischen Hochschule in Kertsch geschehen sei. Dort hatte im Oktober 2018 ein 18-jähriger Student über 20 Menschen an einer Berufsschule getötet. Das Gleiche wird wahrscheinlich auch jetzt passieren, äußerte sich Waljew.
Teile der aufflammenden Debatte erinnern dabei an ignorant geführte Diskussionen in den USA.
Der Chefredakteur des russischen Jagdmagazins Mikhail Kretschmar sagte Wedomosti, dass nach dem Vorfall in Kertsch keine Änderungen der Waffengesetze beschlossen wurden, da es einfach keine wirklichen Maßnahmen gibt, um dieses Problem durch die Gesetzgebung zu lösen. “Das ist ein globales Problem, und Russland kann die Zahl der Schießereien, die von labilen Personen verübt werden, nicht radikal reduzieren“, sagte er. Verglichen mit den USA sind die russischen Waffengesetze bereits streng. So müssen die Menschen an ihrem Wohnort ein ärztliches Attest einholen, bevor sie eine Schusswaffe kaufen dürfen. Es ist wahrscheinlich, dass die Diskussion über neue Maßnahmen zur Waffenkontrolle in ein paar Monaten verebben wird, so wie es zuvor geschehen ist, sagt Kretschmar.
Quelle: TASS