FDP-Chef fordert neue Russland-Beziehungen

Christian Lindner will Russland-Kurs erneuern

FDP-Bundesvorsitzender Christian Lindner fordert eine Kurskorrektur der deutschen Russlandpolitik. Deutsche Medien kritisieren den Politiker scharf.

Im Interview mit der Funke Mediengruppe forderte der FDP-Chef einen Neustart der Russland-Beziehungen. Man müsse die „Sackgasse“ verlassen. Dazu erklärte der Politiker:

„Die Sanktionen sollten nicht erst fallen können, wenn das Friedensabkommen von Minsk vollständig erfüllt ist. Auch positive Zwischenschritte müssen gewürdigt werden. Wir sollten versuchen, in das Verhältnis zu Russland wieder Bewegung zu bekommen. Sicherheit und Wohlstand in Europa hängen auch von den Beziehungen zu Moskau ab.“

Als historische Beispiele für eine gelungene Ostpolitik verwies er auf Staatsmänner wie Willy Brandt, Walter Scheel, Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher:

„Dieser Wandel durch Annäherung von einem festen Fundament aus war neues Denken. Das brauchen wir auch heute, für mehr Dialog und mehr Kreativität im Umgang.“

Darüber hinaus sagte Lindner, dass man den Status der Krim zunächst als „dauerhaftes Provisorium“ anerkennen müsse.

Deutsche Medien kritisieren Lindner

Die Russland-Äußerungen stießen bei vielen deutschen Medien auf Kritik. Laut der Russland-Korrespondentin von Spiegel Online, Christina Hebel, könne von einem „Profilierungsversuch im Wahlkampf“ und einer „Provokation eines Parteichefs, der die FDP unbedingt in den Bundestag zurückbringen“ gesprochen werden.

Hebel verwies auf die Krim-Affäre um die Siemens-Tubinen. Der Fall hätte „Lindner vor Augen“ führen müssen, dass „Putins Wort, sich an Verträge zu halten“, nichts zähle. Es sei „fahrlässig“, dem russischen Präsidenten ein „Entgegenkommen bei den Sanktionen“ zu signalisieren. Zudem schade es der „westlichen Verhandlungsposition“.

Noch härter geht die Tageszeitung DIE WELT mit Lindner ins Gericht. Politik-Korrespondent Dr. Richard Herzinger kommentiert, dass die FDP von „Menschenrechten, Völkerrecht und liberalen Freiheitswerten in Sonntagsreden“ schwadroniere, in Wirklichkeit jedoch mit „Diktaturen kungelt und kuschelt“.

So reagiert Lindner auf die Vorwürfe

Christian Lindner reagierte schnell auf die kritische Berichterstattung. Auf Facebook wies er zahlreiche Vorwürfe zurück. Die FDP stehe für „Völkerrecht“, erklärte der Politiker. Man wolle den osteuropäischen NATO-Partnern „bei jeder Gelegenheit“ den Rücken stärken.

Zudem akzeptiere seine Partei nicht die „völkerrechtswidrige Annexion der Krim“ oder „andere imperiale Gesten aus dem Kreml“. Deutschland dürfe gegenüber Russland keine „Unterwerfungsgesten“ zeigen. Dennoch sei eine „Beweglichkeit“ in der Russlandpolitik notwendig. Bei Fortschritten müsse die Möglichkeit bestehen, Sanktionen schrittweise zu lockern.

Lambsdorff (FDP) verteidigt Parteichef

EU-Parlamentsvize Alexander Graf Lambsdorff (FDP) erklärte gegenüber DIE WELT, warum Christian Lindner eine Kurskorrektur der Russland-Beziehungen verlangt. „Von Putin-Versteherei kann überhaupt keine Rede sein“, sagte der Politiker. Die FDP stehe zu „einem klaren Bekenntnis zu westlichen Werten“.

Dennoch dürfe die Krim-Annexion nicht „jede Form von Dialog blockieren“. Laut Lambsdorff müsse man „die Starrheit der Putin-Versteher auf der einen und der Russland-Hasser auf der anderen Seite“ überwinden. Langfristiges Ziel sei eine „Sicherheitsordnung für die nördliche Hemisphäre von Vancouver bis Wladiwostok“.