E-Autos in Russland – Tankst Du noch oder lädst Du schon?
In Moskau sind Elektroautos auf der Straße in etwa genauso häufig anzutreffen wie Cabriolets im Winter, also fast nie. Die automobile Zukunft hat hier leichte Verspätung, vom Rest des Landes ganz zu schweigen. Doch zumindest die Infrastruktur wird nach und nach aufgerüstet. Und auch an Anreizen durch Staat und Kommunen fehlt es nicht.
Von Christopher Braemer, Moskauer Deutsche Zeitung
Seit 1. November sind Tankstellen von Kaliningrad bis Wladiwostok verpflichtet, eine Ladestation für Elektroautos bereitzustellen. Die entsprechende Regierungsverordnung erstaunt: Den russlandweit über 25 .000 Tankstellen stehen nämlich gerade einmal 722 registrierte Autos mit Elektromotor gegenüber.
So viele hat jedenfalls die Agentur Awtostat gezählt, ein gutes Drittel davon in Moskau. Zum Vergleich: Laut Statista sind in Deutschland 25.000 E-Autos registriert und weltweit etwa 1,3 Millionen, wovon allein 226.000 auf China, 210.000 auf die USA und 71.000 auf Japan entfallen.
Einen deutlichen Marktgewinn weist Tesla mit 167 Fahrzeugen auf, innerhalb von sechs Monaten nach Markteintritt ist fast jedes vierte E-Auto in Russland eines der Marke S. Unter den hiesigen Automarken ist der Lada Ellada mit 93 Modellen Marktführer.
Ist Moskau schon jetzt E-Auto-tauglich?
Igor Antarow ist einer von offiziell 253 E-Fahrern in Moskau. Er schätzt den Komfort seines Tesla: Man sei viel leiser unterwegs, müsse seltener in die Werkstatt, kein Öl wechseln, keinen Benzingeruch ertragen. „Wer einmal ein Elektroauto gefahren hat, steigt nicht wieder auf einen Benziner oder Diesel um“, ist er sich sicher.
Weil Tesla bisher nicht offiziell in Russland vertreten ist, hat Antarow mit Partnern den Moscow Tesla Club gegründet, der sich um alle Kundenwünsche kümmert. Moskau hält er schon jetzt für absolut E-Auto-tauglich. Probleme existierten vor allem „in den Köpfen der Menschen“.
Kostenlose Parkplätze in Moskau
Staatliche Anreize sollen sie abzubauen helfen und dem hohen Anschaffungspreis auch finanzielle Vorteile entgegensetzen. Besitzer eines E-Autos sind von der Kfz-Steuer befreit. Auch eine zollfreie Einfuhr ist innerhalb der Eurasischen Wirtschaftsunion zunächst bis August 2017 garantiert. Nachdem die Regelung Ende 2015 ausgelaufen war, brachen die Verkäufe massiv ein. Seit Anfang September gilt sie nun wieder.
Einen cleveren Einfall hatte die Stadt Moskau. Sie wirbt mit kostenlosem Parken auf kostenpflichtigen Parkplätzen im Stadtzentrum. Wenn man bedenkt, dass die Parkuhren ab Anfang Dezember stündlich umgerechnet bis zu 2,95 Euro verschlingen und sich dann die Preise innerhalb eines Jahres fast verdoppelt haben werden, ist das ein Argument, das ins Gewicht fällt. Zudem wird aktuell diskutiert, die Busspuren auch für die batteriebetriebenen Fahrzeuge zu öffnen. Gerade bei den Staus in den Spitzenzeiten wäre das ein echter Bonus.
Ladestationen auf dem Land benötigt
Immer mehr in den Fokus rücken zudem die Ladestationen am Straßenrand. Bisher gibt es landesweit gerade einmal 60 davon, die Hälfte in Moskau. Bis Jahresende sollen allein in der Hauptstadt 200 und im Umland sechs hinzukommen, Resultat einer Zusammenarbeit der Energieunternehmen ABB (Schweiz) und MOESK (Moskau). „Dann werden Moskau und die Region auch für eine viel höhere Zahl an E-Mobilen gerüstet sein“, sagt MOESK-Pressesprecherin Jelena Putinzewa.
Igor Antarow hält das grundsätzlich für eine gute Nachricht, aber auch für zweitrangig. Er rechnet vor: Bei einer Reichweite von über 500 Kilometern beim Tesla und bis zu 150 Kilometern bei Modellen wie dem Lada Ellada oder dem russischen Marktführer Mitsubishi i-MiEV komme bequem ohne Nachladen über den Tag, wer zu Hause oder im Büro „vollgetankt“ habe. Ansonsten seien Ladestationen in Einkaufszentren sinnvoll, wo man oft mehrere Stunden lang parke. Das ist dann ja vielleicht das nächste Projekt auf dem Weg in die automobile Zukunft.
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