CEO Webasto: „Wir glauben an den russischen Markt“

Interview mit dem CEO der Webasto SE zur Eröffnung der neuen Zentrale für das Thermo-Geschäft in Russland

Dr. Holger Engelmann ist Vorstandsvorsitzender der Webasto SE. Im Exklusiv-Interview mit Ostexperte.de spricht er über die Aktivitäten des Unternehmens in Russland, den Einfluss der Wirtschaftskrise und der Sanktionen sowie die Entwicklung der Webasto SE im eurasischen Raum.

Webasto SEDr. Holger Engelmann
Die Webasto SE ist einer der 100 größten Zulieferer der Automobilindustrie weltweit. Der Sitz des Unternehmens befindet sich in Stockdorf bei München. Vorstandsvorsitzender ist Dr. Holger Engelmann.

Nach Eigenangaben erwirtschaftete das Unternehmen 2016 mit 12.000 Mitarbeitern an mehr als 50 Standorten in Europa, Asien, den USA und Südamerika einen Gesamtumsatz von ca. 3,2 Mrd. Euro.

ist Vorstandsvorsitzender der Webasto SE. Zuvor arbeitete er in leitenden Positionen bei zahlreichen Unternehmen aus dem Automobilsektor. Seit 2007 ist er in verschiedenen leitenden Positionen bei Webasto SE tätig gewesen, bevor er 2013 zum Vorstandsvorsitzenden ernannt wurde.

Mehr Informationen finden Sie hier.


Dr. Holger Engelmann, CEO Webasto SE

Webasto hat kürzlich ein neues Vertriebs- und Servicezentrum in Lobnja eröffnet. Produzieren Sie dort auch?

Die neue russische Thermo-Zentrale umfasst auf einer Fläche von rund 4.000 Quadratmetern Verwaltung, Schulungsräume, Lagerhallen und Werkstätten zum Einbau von Standheizungen in Pkw sowie in Nutz- und Sonderfahrzeuge. Zudem haben wir einen kleinen Produktionsbereich, in dem Standheizungen für den russischen Markt endmontiert werden.

Planen Sie, künftig mehr Produkte in Lobnja für den russischen Markt herzustellen?

In Lobnja werden zunächst Standheizungen für den russischen Markt fertiggestellt. Die Kapazitäten in Lobnja sind darauf ausgelegt, dass wir dort künftig auch weitere Applikationen für den russischen Markt bearbeiten können.

Warum haben Sie sich entschieden, in den neuen Standort zu investieren?

Nach Gründung unserer Tochtergesellschaft im Jahr 2000 hat sich unser Geschäft sehr dynamisch entwickelt. An unserem bisherigen Standort in der Moskauer Innenstadt gab es keine Möglichkeit der Erweiterung. So hatten wir beispielsweise keine Möglichkeit Schulungen anzubieten oder große Lkw und Busse mit Standheizungen auszustatten.

Was ist mit den anderen Geschäftsbereichen? Werden Sie künftig auch Dächer in Russland herstellen?

Wir sehen Potenzial im Dachbereich in Russland und können uns vorstellen, das in den nächsten Jahren gemeinsam mit unseren OE-Kunden zu erschließen. Wie das aussehen wird, hängt von der Marktentwicklung in Russland ab.

Nicht weit von Moskau, in der Stadt Kaluga, befindet sich das wohl größte Automobilcluster Russlands. Warum haben Sie ihren Standort nicht in der Nähe zu Ihren Kunden errichtet?

Die Nähe zum Kunden ist für Webasto wichtig – das gilt vor allem für unsere Produktionsstandorte. In Lobnja haben wir ein Vertriebs- und Servicezentrum gebaut, von dem aus 4 Vertriebsstandorte, rund 60 Händler, etwa 500 Werkstätten und Automobilwerke in Russland beliefert werden. Für diesen Standort ist vor allem eine verkehrsgünstige Lage wichtig.

Russlands Automobilsektor hat in den letzten Jahren besonders unter der Rezession gelitten. Wie beurteilen Sie die momentane Lage? Was erwarten Sie für die Zukunft?

Russland ist ein klassischer Kältemarkt, auf dem wir mit unseren Standheizungen seit mehr als 40 Jahren vertreten sind. Wir glauben an den russischen Markt und planen im Sinne unseres Unternehmenswertes „Verantwortung mit Weitsicht“ langfristig. Derzeit entwickelt sich der russische Automobilmarkt wieder positiver.

Wie stark wurde Webasto von den Sanktionen der Europäischen Union beeinflusst?

Wie andere Unternehmen haben auch wir die Folgen der EU-Sanktionen in Russland zu spüren bekommen. Eine geringere Nachfrage und vor allem der schwache Rubel haben zu einem deutlichen Rückgang unserer Umsätze von 2014 auf 2015 geführt. Im letzten Jahr ging es wieder leicht aufwärts und wir sehen mittelfristig gute Perspektiven.

In welchen Bereichen müsste die russische Regierung Änderungen vornehmen, um die Rahmenbedingungen für deutsche bzw. internationale Unternehmen zu verbessern?

Webasto ist seit vielen Jahren auf dem russischen Markt und wird seine gewachsenen, verlässlichen russischen Geschäftsbeziehungen weiter pflegen und ausbauen. Dafür sind schlankere administrative Prozessen und eindeutigere Vorgaben für Unternehmen hilfreich.

Welche Rolle spielt Russland als „Tor zum Osten“ für Ihre Pläne in Asien? Insbesondere in Anbetracht dessen, dass Sie schon stark in China, ihrem stärksten Einzelabsatzmarkt, vertreten sind.

Für den Zugang zu den zentralasiatischen Märkten wie Kasachstan, Usbekistan und Kirgisien ist Russland für uns von Bedeutung. In Japan, Korea und insbesondere auch in China haben wir seit langem etablierte Strukturen und gute Kontakte, auf denen wir unser Geschäft weiter ausbauen werden.

Vielen Dank für das Interview, Herr Dr. Engelmann.

Dieses Interview führte Florian Emmert.

Titelbild
[toggle title=”Fotoquelle” open=”yes”]https://www.webasto-group.com/fileadmin/webasto_files/images/webasto-worldwide/corporate/press-downloads/webasto-press-opening-lobnya-3.jpg