Morgenkommentar am 3. Mai 2017

Die Reise hätte Angela Merkel sich sparen können. Jedenfalls wenn es nach der Pressekonferenz im Anschluss an ihr gestriges Treffen mit Wladimir Putin geht. Man kann den beiden nur wünschen, dass sie im Hinterzimmer, ohne Dolmetscher und ohne Begleitung, irgendeinen kreativen Ansatz ausgekaspert haben, den sie uns und den neugierigen Medien konsequent vorenthalten.

Was sie gesagt haben, war alles schon Tausend Mal gehört. Putin wünscht sich direkte Verhandlungen der ostukrainischen Aufständischen mit der Kiewer Zentralregierung und endlich Autonomie für die ethnischen Minderheiten. Aha. Merkel wünscht sich endlich mehr Moskauer Druck auf die selbsternannten Volksrepubliken. Auch aha. Beide bekennen sich zum Minsker Friedensprozess. Erst recht aha. Ach ja, Merkel wünscht sich in Russland auch noch mehr Menschen- und Minderheitenrechte. Ganz was Neues.

Wer gehofft hatte, die Kanzlerin bringe im Reisegepäck das Konzept einer neuen Ostpolitik nach Sotschi, darf sich enttäuscht abwenden. Das war gar nicht der Grund ihrer kurzfristig anberaumten Reise. Die ganze Veranstaltung war Merkel-Wahlkampf, und Putin spielt mit, weil er aus jeder Lage Honig zu saugen versteht.

In Deutschland stößt die Abstraf- und Ausgrenzungspolitik Russland gegenüber – jetzt schon im vierten Jahr – auf wachsende Ablehnung. Unter der Bevölkerung wohlgemerkt. Zumal der Erfolg ausbleibt. Oder ist die Krim etwa wieder ukrainisch? Vor Wochen schon hatte der SPD-Kanzlerkandidat seine eigene Moskaureise angekündigt – vor der Bundestagswahl. Auch wenn dem Schulzzug vorübergehend Dampf fehlt, die Machtfrau Merkel weiß genau, dass die SPD, wenn nicht die parteiinternen Transatlantiker sie im Zaum halten, allein mit dem Thema Entspannungspolitik locker ein paar Prozent an Wählerstimmen motivieren kann.

Ob der Wahlbürger nach dem gestrigen Auftritt glaubt, dass Angela Merkel sonderlich viel am deutsch-russischen Verhältnis gelegen sei? Zum Glück – für die Kanzlerin – löst die gleiche Frage,  allerdings mit Blick auf den Konkurrenten Schulz, auch nur Stirnrunzeln aus. Die profilierte Garnitur der deutschen Russlandpolitiker ist abgetreten, und Nachwuchs ist keiner in Sicht.