Morgenkommentar am 25. Januar 2017

Geht es um Cyber-Spionage oder politisch motiviertes Hacking, ist der Schuldige rasch ausgemacht: Russland. Im Internet machen witzige Collagen zu dem Thema die Runde. Mit Angst vor Russland lässt sich jedenfalls Stimmung machen. Das Ergebnis ist dann beispielsweise die Entsendung deutscher Truppen nach Litauen und die beiden anderen baltischen Staaten. 450 Bundeswehr-Soldaten trafen gestern in der litauischen Hauptstadt ein. Angeblich 2.400 NATO-Soldaten (einigen Berichten zufolge auch noch tausende US-Spezialeinheiten unter bilateralen Vereinbarungen) sollen dem Kreml klarmachen, dass er sich alle Träume, das Baltikum “heim ins Reich” zu holen, abschminken kann.

In Wahrheit hat die kräftig geschürte Russenangst viel mehr mit dem Westen selbst als mit Russland zu tun. Nicht erst seit Donald Trump fürchten viele, dass es mit der Bündnis-Solidarität im Ernstfall nicht weit her sein könnte. Der Westen erodiert, das ist keine übertriebene Feststellung. Ein externes Feindbild kann da Wunder wirken – hoffen manche.

Die Hacking-Vorwürfe und die baltische Showdown-Show sind Elemente der hybriden Rückzugsgefechte, die der Westen sich (auch) mit Russland liefert. Ebenfalls gestern wurde bekannt, dass der stellvertretende Leiter des Zentrums für Informationssicherheit beim russischen Geheimdienst FSB ebenso in Haft sitzt wie der Leiter der Abteilung Cyber-Kriminalität beim russischen Softwarehersteller Kaspersky, dessen Sicherheitsprogramme auch international eingesetzt werden. Beiden wird vorgeworfen, gegen Geld Informationen an ausländische Organisationen weitergegeben zu haben.

Der Informationskrieg erinnert an das Bild von den Bulldoggen, die unter einem Teppich kämpfen. Die Zeitungen oder das Fernsehen können immer genau sagen, wem die Knochen gehören, die an der Seite herausfliegen. Im Westen ebenso wie in Russland. Leider ist das meiste davon “Fake News”. Denn: Nichts Genaues weiß man nicht.