Tagesübersicht Russlandgeschäft: 30.12.2015

Präsident der Wirtschaftskammer Österreich über deutsche Wirtschaft, Kiew antwortet mit Sanktionen, kommt Kudrin in die Regierung? – Tagesübersicht Russlandgeschäft 30.12.

Willkommen zur Tagesübersicht Russlandgeschäft am Mittwoch, den 30.12.2015. Das sind unsere Themen am vorletzten Tag des Jahres:

  • Kiev veröffentlich Liste sanktionierter russischer Produkte,
  • Präsident der Wirtschaftskammer Österreich: deutsche Wirtschaft hat sich in Sanktionsfrage “vom Saulus zum Paulus gewandelt“, 
  • Ex-Finanzminister Kudrin bringt sich für Regierungsposten ins Gespräch,
  • Putin unterzeichnet Gesetz zur Verlängerung der Kapital-Amnestie.

Kiev veröffentlich Liste sanktionierter russischer Produkte

Zum Jahresabschluss noch einmal Sanktionen, die wohl zum Jahresanfang kommen. Das ukrainische Ministerium für Wirtschaftsentwicklung hat eine Liste mit Lebensmitteln erarbeitet, die Russland ab dem 10. Januar 2016 nicht mehr in die Ukraine exportieren darf. Das gab der Pressedienst des Ministeriums am Dienstag laut TASS bekannt.

Das Gesetz ist die Antwort Kiews auf die Aussetzung der Freihandelszone mit der Ukraine zum 1. Januar 2016. Das Gesetz dazu war am 24. Dezember durch das Parlament gegangen und gestern von Präsident Petro Peroschenko unterzeichnet worden.

Die Verbote gelten für 43 Produkttypen, darunter: Backwaren, Schokolade, Fleisch, Fisch, Kaffee, schwarzer Tee, Babynahrung, Zigaretten, Bier und weitere.


Präsident der Wirtschaftskammer Österreich: deutsche Wirtschaft hat sich in Sanktionsfrage “vom Saulus zum Paulus gewandelt“

Der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, Christoph Leitl, zeigt sich im Gespräch mit der österreichischen Tageszeitung “Der Standard“ überrascht über die zuletzt vom scheidenden Ost-Ausschuss-Vorsitzenden Eckhard Cordes gemachte Äußerungen zu Russland.

Cordes hatte sich in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung (siehe Tagesübersicht Russlandgeschäft vom 29.12.2015) “von den EU-Regierungschefs deutlich mehr Mut gewünscht, auf Russland zuzugehen“. Leitl verwundert das, weil die deutschen Unternehmen zu Beginn massiv hinter den Sanktionen gestanden hätten. In dieser Frage habe sich die deutsche Wirtschaft „vom Saulus zum Paulus gewandelt“. Sie hätten offenbar gelernt, dass die Sanktionen “Unsinn sind und nichts bewegen“. Man könne den Konflikt nur durch direkten Kontakt lösen, sagte er dem „Standard“.

Die österreichische Wirtschaft habe massiv unter den Einschränkungen gelitten. Die Exporte nach Russland seien Leitl zufolge um 40 Prozent zurückgegangen. Im Vorjahr seien noch Waren (vor allem Maschinen, Anlagen und Medizinprodukte) im Umfang von 3,1 Milliarden Euro nach Russland geliefert worden.

Die Worte des Wirtschaftskammer-Präsidenten zum Jahresende klingen allerdings versöhnlich: “Es gibt ohnehin so viele Krisenherde auf der Welt, dass es ein Zusammenrücken aller erfordert. Die Realpolitik sollte sagen: Es ist Zeit, die Sanktionen zu beenden, weil man auf Gesprächs- und Verhandlungsbasis weiter kommt als mit Sanktionen.”


Ex-Finanzminister Kudrin bringt sich für Regierungsposten ins Gespräch

Der russische Ex-Finanzminister Alexej Kudrin hat sich laut Bloomberg für einen Posten in der russischen Regierung ins Gespräch gebracht. Wie das Nachrichtenportal berichtet, befände er sich in Gesprächen mit Präsident Wladimir Putin und Premierminister Dmitrij Medwedew über seine Rückkehr auf einen hohen Posten in der Regierung. Er soll offenbar dabei helfen, die zunehmenden wirtschaftlichen Probleme in den Griff zu bekommen, bezieht sich Bloomberg auf drei mit der Diskussion vertraute Personen.

Das Treffen habe erst vergangene Woche stattgefunden. “Ich habe mich letzte Woche mit Premierminister Dmitrij Medwedew getroffen, ließ Kudrin über seinen Sprecher ausrichten. “Wir haben über ökonomische Themen gesprochen. Eine Einladung, der Regierung beizutreten, wurde nicht besprochen.” Formelle Angebote habe es noch keine gegeben. Auch Kreml-Sprecher sagte: “Er wird noch nicht zu irgendetwas ernannt.” Mehr wollte er nicht sagen.

Kudrin hatte seine Ämter als Finanz- und stellvertretender Premierminister 2011 nach einem Streit mit Medwedew (damals Präsident) über Budget-Prioritäten niedergelegt. Er hatte dabei Pläne für eine deutliche Erhöhung des Militärbudgets öffentlich als “unbezahlbar” kritisiert.

Auch zuletzt hatte sich Kudrin öffentlich den wirtschaftliche Darstellungen der Regierung widersprochen. “Ich war sehr überrascht zu hören, dass die Regierung sagt, ihr Anti-Krisen-Programm habe externe Risiken signifikant neutralisieren können”, sagte er Interfax. “Das ist falsch.”

Kudrin ist insbesondere bei Investoren und Wirtschaftsexperten beliebt. Seine Einladung war auch von Vertretern aus der russischen Wirtschaft gefordert worden. Sie hoffen, dass der ehemalige Finanzminister dringend benötigte Strukturreformen anpacken könnte. Einige zeigen sich allerdings auch skeptisch, welche tatsächliche Macht ihm für große Veränderungen gegeben werden könnte.

Eine Entscheidung könnte für Anfang 2016 bevorstehen heißt es von den Informanten bei Bloomberg.


Putin unterzeichnet Gesetz zur Verlängerung der Kapital-Amnestie

Russlands Präsident Wladimir Putin hat gestern ein Gesetz unterzeichnet, das die Verlängerung einer Amnestie für Kapital bis 20. Juni 2016 vorsieht.

Dadurch soll das Kapital, das außer Landes gebracht wurde, wieder zurück nach Russland geholt werden. Es soll dann zurück in den russischen Finanzmarkt fließen. Bis 20. Juni gehen Russen also noch ohne Strafe aus, wenn sie ihre Off-Shore-Gelder ins Land zurückbringen.

Medienberichten zufolge hatten bis Dezember im Zuge des Amnestie-Programms nur einige Hundert Personen Erklärungen abgegeben. Damit bleibt das Programm wohl weit unter den Erwartungen zurück. Daher wohl auch die Verlängerung.

Die russische Regierung hatte gehofft, damit bis zu zwei Milliarden Dollar für ihr Budget einzunehmen und Kapital in Höhe von 100 Milliarden Dollar zurück nach Russland zu holen, heißt es bei der Nachrichtenagentur TASS.

Der Plan zu einer Kapital-Amnestie war im Frühjahr 2014 entstanden, als besonders viele Russen ihr Geld aus dem Land schafften. Das Gesetz war seit 1. Juli 2015 in Kraft.