Oligarchen ziehen Geld aus Europa ab

Russische Oligarchen verlassen Europa

Aufgrund der von den USA veröffentlichten Kreml-Liste und eines neuen Amnestiegesetzes der russischen Regierung bringen Oligarchen ihr im Ausland geparktes Geld massenhaft zurück in die Heimat, berichtet “die Presse”.

Nach Angaben von Irina Kriwoschejewa, der Chefin für Private Banking der größten russischen Privatbank Alfa, hätten sich Geldtransfers nach Russland im Januar 2018 im Vergleich zum Vorjahr auf umgerechnet 156 Millionen Euro vervierfacht. Auch die teilstaatliche Sberbank verzeichnete eine Verdreifachung der Zuflüsse gegenüber dem Vergleichszeitraum.

Grund für die ungewöhnlichen Kapitalbewegungen sei teilweise die von Seiten des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Föderationsrat, Konstantin Kosatschow, „als Telefonbuch des Kremls“ kritisierte Kreml-Liste der US-Regierung. Das Bedrohungsszenarion, in Zukunft mit Sanktionen belegt werden zu können, bewegt zahlreiche namhafte Unternehmer dazu, einen Teil ihres Vermögens nach Russland zu verschieben. So sollen bereits mehrere Millionen Euro in erster Linie aus der Schweiz, Österreich und Großbritannien abgezogen worden sein.

Putin verordnete Kapitalamnestie

Darüber hinaus werde russischen Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit in Europa zunehmend erschwert, was in der Folge der Kapitalflucht zusätzlich Vorschub leistet. So beklagt sich Wagit Alekperow, mit geschätzten 14,5 Milliarden Dollar Vermögen sechstreichster Russe, dass Banken sich zunehmend skeptisch gegenüber Transaktionen seines Ölkonzerns Lukoil, der sein internationales Geschäft über Wien abwickelt, verhielten, und dies die finanziellen Operationen erschweren würde. Von ähnlichem Misstrauen gegenüber russischem Geld spricht auch Alfa-Managerin Kriwoschejewa: Schweizer Banken würden „immer mehr und mehr verlangen“ und ihre Kunden mittlerweile zu allem Möglichem ausfragen.

Parallel dazu tritt ab Anfang März die für ein Jahr gültige Phase der Kapitalamnestie ein. So hat Präsident Putin ein Gesetz verabschiedet, das eine Rückführung von sich im Ausland befindlichen finanziellen Mitteln ohne nachträgliche Bezahlung von Steuern ermöglicht. Dieses Angebot soll nicht nur die russische Wirtschaft mit dringend nötigen liquiden Mittel versorgen, sondern auch russischen Unternehmern im Ausland signalisieren, dass sie in Russland willkommen seien.

Skepsis gegenüber russischen Geschäftstätigkeiten

Ein derartiges Gesetz ist bereits 2015 in Kraft getreten und dürfte Gefallen gefunden haben. Denn abgesehen von Kapitalzuflüssen ermöglichen die Überweisungen der russischen Finanzbehörde auch einen besseren Überblick über teils geheim gehaltene Offshore-Vermögen russischer Bürger. Hilfreich ist in diesen Bestrebungen auch die Tatsache, dass laut OECD bereits mit über 70 Staaten bilaterale Vereinbarungen zu einem Informationsaustausch über Offshore-Konten unterzeichnet wurden.

Nichtsdestotrotz sei laut des russischen Unternehmerverbands das Vertrauen der Unternehmer in den Staat in den letzten Jahrzehnten nachträglich gestört worden und die Angst sitze tief, dass heute zurückgeführtes Kapital morgen in Gefahr sein könnte. Deswegen zeuge laut der Wirtschaftszeitung Wedomosti die jüngste Kapitalbewegung weniger von Vertrauen in die russische Wirtschaft, als viel eher von Misstrauen gegenüber russischem Geld im Westen.

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