Morgenkommentar am 8. Mai 2017

Le Pen abgeschmettert, Merkels Bundestags-Wahlsieg  nach der zweiten SPD-Landesschlappe in Folge so gut wie eingefahren – das Establishment atmet auf. Seit langem endlich wieder. Alles bleibt so, wie es ist. Und immer sein sollte. Die Kreml-Hacker können nicht verhindern, dass Europa zusammenwächst, Demokratie und Menschenrechte erobern die Welt, Trump wird impeacht und macht Michelle Obama Platz, und statt Putins und Erdogans herrschen bald Humanisten mit Harvard-Diplom. Sogar die Engländer überlegen es sich und bleiben in der EU. Ach, man darf wieder träumen …

Doch schrill und laut kreischt die Glocke der Wirklichkeit. Die Eurokrise ist – für viel teures Geld – nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Das politisch motivierte Projekt zerschellt an den Bedingungen der Realität. Amerika wendet sich Asien zu – dauerhaft -, und vor unserer Haustür, im arabischen Raum, herrscht das Chaos. Der Islam in Gorgonengestalt reckt sich dem Kontinent entgegen. Und aus Richtung Süden schwillt der Migrantenstrom. Sogar dann, wenn in Syrien schon morgen der Friede einkehrt. Um über drei Millionen Menschen im Monat wächst die afrikanische Bevölkerung. Bis 2050. Alle 30 Tage ein komplettes Berlin, annähernd, noch gut dreißig Jahre lang, Monat für Monat. Mai, Juni, Juli, August … und Afrika wird sie nicht nähren.

Auch Türken und Russen gehen unseren Weg nicht. Sie gehen ihren eigenen. Sie besinnen sich auf ihre historisch-kulturellen Räume. Dort liegen ihre Vergangenheit und ihre Zukunft. Am europäischen Wagen wären sie lediglich fünfte Räder.

Werden Angela Merkel und Emmanuel Macron, die Weiter-so-Kanzlerin und der Posterboy, Europa herumrucken? Optimismus ist Menschenpflicht, doch bisweilen sind auch Zweifel angebracht. Wer glaubt, die größte Gefahr für den Kontinent – die jetzt überwunden scheint – läge darin, dass eine politische Rechte existiert, dem oder der stehen noch einige Lektionen ins Haus.

Wenigstens erinnert das Zukunfts-Duo Merkel-Macron an einen aufmunternden Reklameslogan von vor hundert Jahren: „In die Hände, meine Lieben, wurde euch MM geschrieben, drum folgt dem Zeichen der Natur, und trinkt Matheus Müller nur.“ Na denn. Prost Mahlzeit. Vive le président!

 

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