Morgenkommentar am 8. Februar 2017

Am Dienstag unterzeichnete der russische Präsident das von der Staatsduma annähernd einstimmig (380:3) verabschiedete Gesetz zur Entkriminalisierung bestimmter Formen häuslicher Gewalt. Körperliche Züchtigungen, die nur “geringen Schaden” nach sich ziehen, “kleine Hautabschürfungen, Blutergüsse, oberflächliche Wunden und Weichteilverletzungen”, werden, wenn überhaupt, erst im Wiederholungsfall binnen zwölf Monaten inkriminabel. Die Höchststrafe für “leichte” häusliche Gewalt sinkt von zwei Jahren auf 15 Tage.

Knapp 50 Jahre nach dem Aufkommen der antiautoritären Erziehung in Europa und den USA wechselt der Pendelschwung die Richtung. Nicht nur in Russland, und nicht nur im Rahmen häuslicher Beziehungen. Weite Teile der Welt durchleben einen Kulturabbruch sondergleichen: Drogenmissbrauch, Bandenkriminalität, Schwinden der Familienstrukturen, Respektlosigkeit auf allen Ebenen.

Auf den Philippinen lässt der mit großer Mehrheit gewählte populistische Präsident Rodrigo Duterte Drogendealer ohne Gerichtsverfahren erschießen. Seine Unterstützer vergöttern ihn. Wenigsten einer, der etwas gegen die Pest unternimmt. Seine Vorgänger hätten überhaupt nichts getan.

Renaissance der Autorität allenthalben. In Europa wächst der Zorn angesichts absurd milder Strafen – den Richtern schlägt massiver Unmut entgegen. Zumal die paar Monate in deutschen Gefängnissen je nach Herkunft des Täters wie ein Kuraufenthalt erscheinen. Kein Wunder, dass die potentiellen Opfer sich organisieren. Zuerst am Stammtisch, dann in der Bürgerwehr. Was der Staat nicht leisten will oder kann, muss der Einzelne übernehmen. Auch das ist Demokratie.