Welche sozialen Netzwerke Expats in Moskau verwenden können, um sich on- und offline zu treffen.
Als Expat im Ausland ist es oft nicht leicht, Kontakte neben den Arbeitskollegen zu knüpfen – besonders, wenn man die Sprache im Gastland noch nicht so gut spricht. Die Freunde sind fern, der Kontakt zu Einheimischen noch schwer. Daher suchen Expats den Kontakt zu anderen Expats, die sich in einer ähnlichen Situation befinden und sich gegenseitig mit Tipps und Erfahrungen weiterhelfen können. Das geschieht vor allem online mit Hilfe bestimmter Netzwerke für Expats.
Chris Helmbrecht ist schon seit über zehn Jahren in Russland und hat im Laufe der Zeit als DJ, Entertainer und Autor eines Buches über das Moskauer Nachtleben viele Expats kennengelernt. In den sozialen Netzwerken ist er sehr aktiv. Er ist Moskau-Ambassador des Netzwerks “A Small World”, und war bei XING ebenfalls Moskau-Botschafter. Darüber, wie sich die Expats in Moskau digital vernetzen erzählt er:
“Meiner Meinung nach gibt es nur zwei aktive soziale Netzwerke, die Expats nutzen, um sich auch im realem Leben zu treffen. Das eine ist Internations, das andere A Small World. Beide haben regelmäßige Veranstaltungen.“
Internations: von Expats für Expats
Internations ist derzeit wohl das aktivste soziale Netzwerk für Expats. Es wurde 2007 von Malte Zeeck und Philipp von Plato in München gegründet. Beide teilten die Erfahrung, ein Expat zu sein. Daher beschlossen sie, eine Plattform aufzubauen, die hilft, die Herausforderungen des Lebens als „Entwurzelter“ in einer fernen Stadt zu bewältigen: neue Freunde finden, Business-Kontakte knüpfen oder die Dinge des Alltags in der ungewohnten Umgebung erledigen. Mittlerweile hat Internations nach eigenen Angaben 1,5 Millionen registrierte Benutzer in 390 Städten weltweit und 80 Mitarbeiter (Stand: Ende 2014).
Um sich bei Internations anzumelden, muss man von einem Mitglied eingeladen werden. Die Veranstaltungen, bei denen das Online- zum Offline-Treffen wird, sind daher eher geschlossene Expat-Gesellschaften. Allerdings kommen auch Einheimische. In Moskau veranstaltet Internations drei offizielle Events im Monat. Wesentlich häufiger finden aber selbstorganisierte Veranstaltungen in kleineren Gruppen statt.
Damit Sie einen Eindruck davon bekommen, wie es bei Internations-Veranstaltungen aussieht, lesen Sie nun einige Eindrücke von einer der offiziellen Internations-Veranstaltungen.
Smalltalk mit Starthilfe
Zum Herbst-Event in Moskau kommen rund 300 Personen in eine Bar in der Nähe des Außenministeriums beim Alten Arbat im Zentrum der Stadt. Die Bar ist ein wenig zu klein für die vielen Menschen, obwohl alle Stühle und Tische beiseite geräumt wurden. Die Menschen stehen eng gedrängt, aber fast alle unterhalten sich angeregt und finden leicht neue Gesprächspartner.
Eigentlich alle, die gekommen sind, sprechen gut Englisch und sind offen für neue Begegnungen. Ein Namensschild mit kleinem Nationalfähnchen darauf, das jeder angemeldete Gast am Eingang erhält, hilft beim Kennenlernen. Eric ist Chinese, Tony Brite, Zoya Russin, Jochen Deutscher – das Publikum ist international.
Die Veranstalter, die sogenannten “Internations-Ambassadors” für Moskau, sorgen dafür, dass man schnell ins Gespräch kommt. Hier eine kurze Vorstellung, dort einige Gemeinsamkeiten einstreuen und schon beginnen die ersten Konversationen. “Und was machen Sie?“ – die Visitenkarten sind meist mit dabei. In Moskau gibt es zehn Ambassadors, also Ansprechpartner und Verantwortliche für die Organisation der offiziellen Events. Bei dieser dritten monatlichen Veranstaltung sind die Russinnen Zoya und Natalia und der Brite Tony für die Organisation verantwortlich und begrüßen die Gäste.
Sie mache das ehrenamtlich, erzählt Zoya. Eigentlich arbeitet sie als Lehrerin und hat eine Englisch-Lern-App entwickelt. Sie ist etwas nervös. Es ist ihr erstes Event als Organisatorin. An Internations-Veranstaltungen nimmt sie aber schon seit mehreren Jahren teil.
Networking oder Dating?
Tony ist seit zwei Jahren in Moskau. Zuvor hat er Internations in anderen Städten besucht – etwa London. Dort sei es anders als in Moskau. “Als ich nach Moskau kam, sah das Bild oft so aus: junge russische Frauen und alte Männer“, sagt er. Tatsächlich sieht man, wenn man sich umsieht, auffällig viele junge russische Frauen. Heute habe es sich allerdings mehr zum Netzwerken, Spaß haben und Leute treffen hin gewandelt, erklärt Tony.
Der Deutsche Jochen empfindet das dennoch als eher störend. Mit Frau und Kind daheim ist er nicht an der Dating-Komponente interessiert. Es ist seine erste Internations-Veranstaltung. Eigentlich hatte er sich schon zu einem Brunch angemeldet, sich allerdings wieder abgemeldet, als er sah, dass außer ihm und zwei weiteren Männern 20 Russinnen auf der Teilnehmerliste aufgeführt waren. Er erhofft sich von der Veranstaltung, auch Kontakt zu Russen außerhalb der Arbeit zu knüpfen. “Ich bin ja für die der Chef, da ist das dann teilweise etwas gezwungen, wenn man auch privat etwas macht.“
Er sei zu dem Event gekommen, um neue Leute zu treffen und vielleicht auch ein wenig Russisch zu sprechen. Das lernt er derzeit, und möchte es in der Praxis anwenden. Wenig später unterhält er sich mit Dmitrij, einem jungen Russen mit einem Start-Up für eine Steuersoftware.
Zoya betont, dass das Networking und die Möglichkeit, neue Leute kennenzulernen an erster Stelle stehe. Aber einige kämen sicherlich auch zur Partnersuche her, schließt sie nicht aus und deutet auf einige Damen in Kleidern in auffälligen Farben an der Theke.
Es gibt eine kostenlose Basis-Version und eine kostenpflichtige Albatross-Mitgliedschaft für 5-7 Euro im Monat, die freien Eintritt zu den Veranstaltungen und weitere Vorteile wie den Beitritt zu speziellen Gruppen beinhaltet. Eine Gruppe beschäftigt sich etwa mit dem Sprachenlernen, eine andere mit Literatur, eine dritte bietet gemeinsame Ausflüge ins Umland Moskaus an. Für den Austausch über Alltägliches gibt es auf der Website zudem ein Forum. Außerdem gibt Internations für Premium-Mitglieder ein Expat-Handbuch heraus.
UPDATE 02.05.2016: Mittlerweile hat sich Chris Helmbrecht klar von Internations distanziert und die Plattform verlassen. Warum, begründet er in einem ausführlichen Text auf LinkedIn.
A Small World
A Small World (ASW), gegründet bereits 2004, ist kostenpflichtig und richtet sich deutlicher an “Eliten”. Man muss sich ebenfalls von bestehenden Mitgliedern einladen lassen oder sich für eine Mitgliedschaft bewerben.
ASW machte zu Beginn mit Luxus-Networking der Reichen und Schönen von sich reden. Es wurde sich dort – angeblich – über Yachten, Luxuswagen und Immobilien ausgetauscht. In den letzten Jahren wurde es allerdings ruhiger um das Netzwerk und der Ruf des Netzwerks hat deutlich gelitten. Manche behaupten etwa, es würde “nur noch das Nötigste getan”.
Chris Helmbrecht beschreibt A Small World so: “ASW ist ein bisschen elitärer [als Internations], aber es gibt auch viele Mitglieder aus der oberen Mittelklasse und nicht nur Millionäre und Milliardäre. Ich dürfte ja auch nicht in diesem “elitären” Zirkel sein, wenn sie es so ernst nehmen würden. Im Moment haben wir 800 ASW-Mitglieder in Moskau. Davon sind ca. 50 Prozent Ausländer. Man kann das mit früher und jetzt leider nicht vergleichen, denn ASW war frei und wir hatten damals 5.000 Mitglieder in Russland, die meisten in Moskau. Seit zwei Jahren muss man nun rund 100 Euro Mitgliedsbeitrag im Jahr zahlen deswegen haben wir viel jetzt weniger Mitglieder, die Qualität ist aber besser geworden“, sagt der DJ, der immer noch Moskau-Ambassador von ASW ist.
Über Internations sagt Helmbrecht: “Ich weiss, dass einige meiner Gäste zu deren Events gehen, aber das sind in der Regel eher die russischen Frauen. Gefühlt haben die 30 Prozent Expats und 70 Prozent Russen. Aber bei ASW ist es nicht viel besser. Wie gesagt, etwa 50 Prozent sind Ausländer und dazu kommen dann immer noch die Gäste, die für Business & Pleasure in der Stadt sind.”
Das Fazit des Autors von „Fucking Moskau!“, einem Buch über das Nachtleben der russischen Hauptstadt: “Zu ASW kommen weniger Leute, aber die “Qualität” zum Networken ist besser.”
Weitere Netzwerke
Neben diesen beiden Portalen gebe es den “Wirtschaftsclub Russland” von Karin von Bismarck, sagt der Entertainer. “Die nutzen LinkedIn und Facebook, um ihre Events zu promoten.“ Der Wirtschaftsclub hat das Ziel, die Begegnung und den Austausch unter deutschsprachigen Führungskräften, die in Russland leben und arbeiten, zu fördern. Er hat also im Gegensatz zu Internations und ASW einen klaren Business-Fokus.
Helmbrecht berichtet zudem über das populäre Karrierenetzwerk XING: “XING war bis vor zwei Jahren noch sehr aktiv hier in Russland. Die Moskau-Gruppe dort zählt mehrere tausend Mitglieder. Allerdings ist das eingeschlafen. Ich war der Ambassador von XING, doch das Ambassador-Programm wurde abgeschafft und seitdem ist nicht viel passiert. Ich denke, ich muss mal wieder einen XING-Event machen. Mal sehen, wer kommt.”
Private Kontakte und „Community-Events”
In Moskau gibt es daneben natürlich auch noch Community-Events wie das Oktoberfest, das Sommerfest des Goethe-Instituts, den Ball der Deutschen Wirtschaft oder den Weihnachtsbasar in der Deutschen Botschaft, bei denen sich deutsche Expats treffen. Außerdem dienen Business-Veranstaltungen als Treffpunkt. Daneben gibt es auch deutsche Stammtische im kleineren Kreis, bei denen sich ausgetauscht werden kann. Und natürlich: Ein ganzes Land voll netter Russen, die es ebenfalls kennenzulernen gilt.
Lesertipp: Unser Leser Karl-Heinz Hitl hat uns per Twitter eine Ergänzung für Österreicher zukommen lassen: Es gebe zudem den Austrian Business Club Russia (Facebook-Gruppe) sowie das Austrian Economic Forum.
Weiters, insbesondere f. #Österreicher, gibts noch https://t.co/riIMV1MaKH und https://t.co/qpoBGEemIK @ostexperte https://t.co/D3zCM8GXPo
— Karl-Heinz Hitl (@KHHitl) 26. Oktober 2015
Disclaimer: Der Autor hat bei dem Internations-Event freien Eintritt erhalten und ist auf Internations.org als Basis-Nutzer angemeldet, hat aber keine Verbindungen zu Internations.org.
Welche Plattformen verwenden Sie, um sich mit Gleichgesinnten im Ausland zu vernetzen? Wir freuen uns auf Ihre Kommentare unten oder auf unserer Facebook und Twitter-Seite. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Quellen:
www.onlinemarketingrockstars.de/a-small-world-von-der-schwierigkeit-ein-netzwerk-zu-vermarkten/
[accordion open_icon=”camera-retro” closed_icon=”camera-retro”] [toggle title=”Fotoquelle” open=”yes”] Quelle:Bild Chris Helmbrecht: ChrisHelmbrecht.com
Titelbild und Bild Moskau Ambassadors: Simon Schütt
Screenshot der Website asmallworld.com
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