Morgenkommentar am 19. Mai 2017

Selbstbewusstsein im Umgang mit der Vergangenheit kann man der Ukraine nicht absprechen. Während die deutsche Verteidigungsministerin dabei ist, jede Form der Erinnerung an die Jahre vor 1945 mit Stumpf und Stiel auszumerzen – künftige Generationen werden fragen, ob überhaupt Deutsche in der Wehrmacht gekämpft haben -, beging man in der Westukraine den 29. April 2017 mit Seelenmessen, gemeinsamen Gebeten auf Friedhöfen und abendlichen Festveranstaltungen.

Morgenkommentar am 18. Mai 2017

Jemals von “16 plus 1” gehört? Wikipedia – Fehlanzeige. Das Handelsblatt hat vor zwei Jahren mal darüber geschrieben, ansonsten schweigt der Blätterwald. Die Google-Suche listet Webseiten, die nur Eierköpfe in Thinktanks lesen.

Kommentar am 17. Mai 2017

Vergangenen Donnerstag wurde in Jekaterinburg der Blogger Ruslan Sokolowski (22) zu dreieinhalb Jahren Haft auf Bewährung veurteilt. Im Sommer 2016 hatte er sich selbst in einer orthodoxen Kirche beim Pokemon-Go-Spielen gefilmt. Zudem soll Sokolowski, der sich als Atheist bezeichnet, seit 2013 mehrere antireligiöse Videos ins Netz getellt haben. Bestraft wurde er wegen der Verletzung religiöser Gefühle; der Blasphemie-Paragraph schmückt seit drei Jahren das russische Strafgesetzbuch.

Morgenkommentar am 16. Mai 2017

In Deutschland hofft man (allzu) euphorisch, die Seuche bis 2020 auszurotten – in Russland stieg die Zahl der Infizierten im Vorjahr um weitere 5,3 Prozent. Die Immunschwächekrankheit Aids hat ihren Schrecken noch nicht verloren. Das Wachstum bei den HIV-Infektionen lag 2016 zwar niedriger als in den Jahren zuvor, doch immer noch wurden rund 290 Neuerkrankungen registriert – an jedem einzelnen Tag.

Morgenkommentar am 15. Mai 2017

Die Wahlen seit Anfang Mai – Frankreich, Schleswig-Holstein, NRW – zeigen: Jedenfalls der Westen des europäischen Kontinents bleibt auf die politische Mitte fixiert. Mindestens zwei Drittel, in Deutschland mehr als 80 Prozent lehnen die radikalen Ränder ab, sei es aus inhaltlichen Gründen oder ästhetischen.

Brief zum Wochenende, 12. Mai 2017

Lieber Doktor Seele, als Präsident der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer und Chef der OMV AG, des größten österreichischen Unternehmens, haben Sie gestern in Berlin an die deutsche Wirtschaft und Politik appelliert. Sie haben aufgerufen zu mehr Offenheit, mehr Zusammenarbeit und mehr Bereitschaft zum Dialog mit Russland anstelle von Schulmeisterei und Ausgrenzung.

Morgenkommentar am 11. Mai 2017

Zum ersten Mal seit über zehn Jahren bewertet die Hälfte der Russen die Rolle des Sowjetdiktators Josef Stalin im Zweiten Weltkrieg als positiv. Bei der letzten Befragung 2005 waren es nur 40 Prozent gewesen. 32 Prozent sehen seinen Beitrag zum Kriegsgeschehen 1941-45 gemischt, acht Prozent negativ.

Morgenkommentar am 10. Mai 2017

Fest steht, dass der seit Monaten anhaltende Skandal um die angebliche russische Einflussnahme die Politik der US-Weltmacht dem Rivalen Russland gegenüber paralysiert. Das mag mit ein Grund sein, warum der russische Außenminister Sergej Lawrow heute kurzfristig nach Washington kommt.

Morgenkommentar am 9. Mai 2017

Seit den teils bizarren Erklärungsversuchen nach dem Abschuss des malaysischen Liners MH17 über der Ostukraine vor bald drei Jahren hat die russische Politik im Westen massiv an Vertrauen verspielt – es ist Zeit, dass gerade die “Russlandversteher” auf diesen Umstand hinweisen.

Morgenkommentar am 8. Mai 2017

Werden Angela Merkel und Emmanuel Macron, die Weiter-so-Kanzlerin und der Posterboy, Europa herumrucken? Optimismus ist Menschenpflicht, doch bisweilen sind auch Zweifel angebracht. Wer immer noch glaubt, die größte Gefahr für den Kontinent läge darin, dass eine politische Rechte existiert – die jetzt überwunden scheint -, darf sich noch auf einige Lektionen freuen.

Morgenkommentar am 4. Mai 2017

Kontrolliert der Kreml noch die Geister, die er rief? Vor wenigen Tagen wurde der Korruptionsjäger und Oppositionsführer Alexej Nawalni Opfer eines Angriffs mit einer giftgrünen, antiseptischen Flüssigkeit; es war bereits das zweite Mal binnen weniger Wochen. Seither bangt Nawalni um sein rechtes Auge.

Morgenkommentar am 3. Mai 2017

Wer heimlich gehofft hatte, die Kanzlerin trage im Reisegepäck das Konzept einer neuen Ostpolitik nach Sotschi, darf sich enttäuscht abwenden. Das war auch nicht der Grund ihrer unerwartet angekündigten Reise. Die ganze Veranstaltung war Merkel-Wahlkampf, und Putin spielt mit, weil er aus jeder Lage Honig zu saugen versteht.