WTO-Mitgliedschaft Russlands nach wie vor umstritten

Russland: Durchwachsenes Fazit nach 5 Jahren Welthandelsorganisation

Am 22. August jährte sich die Mitgliedschaft Russlands in der WTO zum fünften Mal. Doch Experten sind sich uneinig darüber, ob der Beitritt sich für das Land gelohnt hat oder nicht.

Die Welthandelsorganisation erfülle eine wichtige Funktion, indem sie Schutz vor der Verletzung von Handelsrechten biete und ein gutes Werkzeug zur Steigerung des Außenhandels darstelle. Diese Vorteile habe Moskau für sich selbst bisher jedoch nicht zu nutzen gewusst, resümiert die Tageszeitung Kommersant nach fünf Jahren der WTO-Mitgliedschaft Russlands. So seien die Zahlen für den Import und Export während dieser Zeit um beinahe die Hälfte zurückgegangen.

Russland hat von WTO-Mitgliedschaft nicht profitieren können

Laut Befürwortern zähle es zu den Vorteilen der Organisation, dass sie Importzölle reduzieren und dadurch die Liberalisierung des russischen Marktes antreiben könnte. Tatsächlich haben sich die Zölle zwischen 2012 und 2017 von 9,6% auf 5,4% verringert. Doch Russland sei es nicht gelungen, vom liberaleren Markt zu profitieren, schreibt Kommersant.

Durch Gegensanktionen und spezielle Maßnahmen der Politik sei dem positiven Effekt in vielen Sektoren jedoch entgegengewirkt worden. So habe die Regierung beispielsweise mit eigenen Eingriffen die ausländische Konkurrenz auf dem russischen Automarkt geschwächt, sodass sich General Motors von diesem habe zurückziehen müssen.

Die größte Kritik kommt aus der Landwirtschaft

Was die russische Landwirtschaft betreffe, so habe diese laut der Kommersant praktisch keine Konsequenzen durch den WTO-Eintritt zu spüren bekommen. Hauptsächlich sei der Sektor durch die Gegensanktionen von 2014 sowie den Absturz des Rubels beeinflusst worden. Dennoch soll gerade hier die Skepsis gegenüber der WTO-Mitgliedschaft sehr hoch sein.

In einem Artikel zitiert die Zeitung Nesawissimaja Gaseta den Experten Maxim Medwedkow vom russischen Wirtschaftsministerium, der für die Vertretung russischer Interessen in der Welthandelsorganisation zuständig ist: „Angesichts des momentan vorherrschenden Rubel-Wechselkurses gibt es ein gemeinsames Übereinkommen, dass das Niveau des Tarifschutzes im Allgemeinen völlig ausreichend ist.“

Allein der landwirtschaftliche Industriekomplex hege nach wie vor starke Kritik an der WTO-Mitgliedschaft, obwohl sich vieles in den letzten Jahren gebessert habe.

Austritt aus der WTO trotz allem keine Option

Auch Maxim Oreschkin, der russische Minister für wirtschaftliche Entwicklung, hält einen möglichen Austritt Russlands für destruktiv, auch wenn die westlichen Russland-Sanktionen gegen WTO-Regularien verstießen. Man erkenne zwar, dass es sich bei der WTO um ein System handele, das nicht ideal sei und optimiert werden müsse. Es gebe allerdings keine Alternative. Um jedoch von der WTO profitieren zu können, bedürfe es laut von Nesawissimaja Gaseta befragter Experten auch einer offeneren Wirtschaftspolitik Russlands.

Titelbild
[toggle title=”Bildquelle” open=”yes”]World Trade Organization, WTO Public Forum 2010, Size Changed to 1040×586 (CC BY-SA 2.0)