Morgenkommentar am 26. April 2017

Da kann das Justizministerium das Moskauer Meinungsforschungsinstitut Lewada-Zentrum noch so sehr als “ausländischen Agenten” geißeln – am Ende ist es der Kreml selbst, der den Lewada-Erhebungen die größte Aufmerksamkeit schenkt. Vor allem, wenn sie so hübsch differenziert daherkommen wie die jüngste Beliebtheitsanalyse des Präsidenten. Die ist schon aufschlussreich: Lediglich 22 Prozent der Befragten bringen dem Staatsoberhaupt volles Vertrauen entgegen – wo bleibt die Schlagzeile “78 Prozent der Russen vertrauen Putin nur bedingt” in den deutschen Mainstream-Medien? Redakteure aufgewacht!

Immerhin 50 Prozent (ver)trauen Putin so einigermaßen. Die Zahl seiner Bewunderer liegt überhaupt nur bei mageren 10 Prozent. Vertrauen und Mögen sind noch keine Bettgenossen. 32 Prozent bringen dem Mann wenigstens Sympathie entgegen, 47 Prozent können nichts Schlechtes über ihn sagen, und 17 Prozent sind explizit indifferent. Nicht Fisch nicht Fleisch. Nur 14 Prozent bezeichnen sich ihrem Oberbefehlshaber gegenüber als distanziert, kritisch oder ablehnend.

Die Schlagzeile für RT: “86 Prozent der Russen haben an Putin nichts auszusetzen”.

Vielleicht sind es doch einige mehr. Seit der Krimkrise 2014 haben sich noch in keinem Monat so viele Befragte über ausbleibende Verbesserungen beim Lebensstandard beklagt: 32 Prozent. Und zum ersten Mal seit März 2014 ist eine Mehrheit der Ansicht, sie wartete jetzt lange genug auf “positive Reformen”.

Wie ein Schatten liegt die Aussicht auf eine weitere Putin-Amtszeit, dann bis 2024, über dem Land. Dabei hätte der Präsident, wenn er zum Elan der Nullerjahre zurückfände, die Herzen über Nacht auf seiner Seite. Es muss etwas geschehen. Und wenn nichts geschieht?