Morgenkommentar am 06. März 2017

Die Berufung der Wissenschaftlerin und Autorin Fiona Hill (“Mr Putin: Operative in the Kremlin”) zur Russlandberaterin des US-Präsidenten macht eine Wende in der amerikanischen Russlandpolitik unwahrscheinlich. Donald Trump steht unter Druck – die vielen Kontakte zwischen seinem Team und der russischen Botschaft im Wahlkampf machen ihm jetzt zu schaffen, da seine Gegner die Informationen dosiert an die Öffentlichkeit geben. Auch der russische Außenminister muss sich fragen, ob seine Washingtoner Diplomaten die nötige konspirative Zurückhaltung geübt haben.

In einem Vortrag vor dem Berliner Forschungsinstitut Dialog der Zivilisationen (DOC) hat der Moskauer Experte Dmitri Trenin jüngst die These vertreten, die anhaltende US-russische Rivalität werde sich als Motor für Chinas Aufstieg im Dreieck der Mächte USA, China und Russland erweisen. Trenin zieht die Analogie zur Zeit vor knapp 50 Jahren, als der geniale US-Außenpolitiker Henry Kissinger sein Land unter Ausnutzung der Feindschaft zwischen China und der Sowjetunion auf Platz Eins der Weltordnung hebelte. Trenins Thesen sind auf Englisch im Internet abgreifbar.

Der Kreml wäre auch in Europa gut beraten, sich beim Flirt mit der Neuen Rechten zurückzuhalten. Gerade in Kombination mit der verbreiteten Abneigung gegen Rechts ist das Feindbild Russland auf absehbare Zeit immer noch mehrheitsfähig.

Aussichtsreicher ist es, auf die beginnende Diskussion innerhalb der linken Mitte zu setzen. In der SPD etwa sucht man ein neues Verhältnis zu Russland nicht, weil man dessen Führer bewundert, sondern aus schlichtem Pragmatismus. Der harte Kurs der ideologisch aufgeladenen Transatlantiker und Neocons (“die Freiheit ist in Gefahr”) hat allein zu sturer Konfrontation geführt. Die ganze Sanktions- und Containmentpolitik der vergangenen Jahre macht nur für jene Sinn, die glauben, ohne sie stünde der Russe jetzt mindestens in Kiew und im Baltikum.

Es werden gemäßigt linke Regierungen sein, vielleicht Schulz in Deutschland, vielleicht Macron in Frankreich, die aus Realismus, ohne Russenhass oder Russenangst, doch bei Wahrung aller historischen und kulturellen Unterschiede, das europäisch-russische Verhältnis neu beleben. Und Russland wird sich, allem anfänglichen Zieren zum Trotz, dem nicht verweigern.