Morgenkommentar am 22. Februar 2017

Eine Schlacht tobt im Mittleren Osten – und keiner geht hin. Jedenfalls nicht, um darüber zu berichten. Die Eroberung der Stadt Mossul im Westirak ist den deutschen Medien nur Notizen wert. Dabei hat die irakische Armee, unterstützt von iranischen Milizen, kurdischen Kämpfern und Polizeikräften, am Wochenende zum endgültigen Angriff auf die seit 2014 vom “Islamischen Staat” (IS) beherrschte Stadt angesetzt.

Artilleriegeschosse durchpflügen die Gegend um die Militärbasis Ghazlani und den Flughafen. Fast täglich kommt es zu verheerenden Selbstmordattentaten. In der Vorwoche hat die UN die humanitäre Versorgung der hart umkämpften östlichen Stadthälfte eingestellt. Auch der Westteil der Stadt ist von Lebensmittel- und Treibstofflieferungen abgeschnitten. Allein dort harren noch rund 750.000 Zivilisten unter erbärmlichsten Bedingungen aus. Nach fast dreijähriger IS-Herrschaft droht ihnen jetzt die Rache der pro-schiitischen Armee und ihrer iranischen Unterstützer. Insgesamt leben fast drei Millionen Menschen in der Stadt.

Erinnern wir uns an die Medienbegleitung während der Eroberung des syrischen Aleppo. Wenige Wochen ist es her. Ganze Zeitungsstrecken, von Berlin bis in die hinterste Provinz. Tag für Tag bis zum bitteren Ende. Die Tagesschau, die Politikerinterviews, die Kommentare: Aleppo überall. Empörung überall.

Und Mossul? Keine Siebenjährigen, die Leid und Schrecken in die Welt hinaus tweeten. Keine Fotos von Kulleraugen voller Angst vor den massakrierenden Schiiten. Keine Talkshows. Nur kurze Notizen im Tagesbefehl.

Dabei sind die Konflikte vergleichbar. In Mossul und in Aleppo kämpft die jeweilige Regierungsarmee gegen dschihadistische Aufständische mit dem Ziel der Wiederherstellung staatlicher Ordnung – oder was immer man im Mittleren Osten unter staatlicher Ordnung versteht. Es gibt nur einen gewichtigen Unterschied: In Mossul unterstützt der Westen die Angreifer, also die Regierungsarmee – in Aleppo dagegen die Dschihadisten.

Für den Betrachter (der Westmedien) bleibt damit die Frage: Sind die Kurznotizen aus Mossul die wahren Nachrichten und war Aleppo alternative news – oder umgekehrt? Oder sind beide fake?