Wieder Streiks im Kosmodrom Wostotschnyj

Erneut streiken Arbeiter im Wostotschnyj Kosmodrom, weil Löhne nicht gezahlt wurden

Mehr als 200 Arbeiter streiken derzeit im Wostotschnyj Kosmodrom, dem Weltraumbahnhof im Fernen Osten Russlands. Die Streiks wegen ausbleibender Lohnzahlungen könnte das Projekt weiter verzögern. Auch finanziell steht es schlecht um den Raketenstartplatz, der das kasachische Baikonur ersetzen soll. 

Die Bauarbeiter hätten ihre Arbeit am Weltraumbahnhof nahe der russisch-chinesischen Grenze niedergelegt, weil Löhne nicht gezahlt wurden, berichtete die Nachrichtenagentur Interfax am Freitag (hier auf Englisch bei The Moscow Times). Einer der Arbeiter sagte, dass das Management des Arbeitgebers Spezdorstroj höherstehende finanzielle Probleme als Grund für die Zahlungsverzögerungen angegeben habe.

Nur 41 Prozent des Mai-Lohns erhalten

„Ich arbeite im Start-Bereich seit 2012 und wir hatten seitdem keine solchen Verzögerungen. Sie gaben uns 41 Prozent des Mai-Lohns und sagten uns, sie könnten uns nur einen Abschlag von 5000 Rubel [rund 75 Dollar] am 30. Juli geben“, sagte ein Arbeiter laut der Zeitung Vedomosti.

Insgesamt 215 Arbeiter unterzeichneten eine Stellungnahme, dass sie am Freitag die Arbeit niederlegen würden. Sie würden erst wieder zur Arbeit zurückkehren, wenn die ausstehenden Löhne für Mai und Juni gezahlt wurden.

Schon der zweite Streik im Östlichen Weltraumbahnhof in diesem Monat

Bereits diesen Monat hatte eine Gruppe Arbeiter, die bei einem anderen Arbeitgeber angestellt ist, aus demselben Grund gestreikt. Sie kehrten jedoch einen Tag nachdem sie sich mit dem Management getroffen hatten wieder zur Arbeit zurück.

Im April war der ehemalige Direktor eines der Bauunternehmen, die für Wostotschnyj verantwortlich sind, zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, weil er Unternehmensgelder veruntreut hatte.

Wostotschnyj soll Baikonur in Kasachstan ersetzen

Der Weltraumbahnhof Wostotschnyj wurde 2007 geplant. Er soll das nach dem Ende der Sowjetunion von Kasachstan gepachtete Kosmodrom Baikonur ersetzen, das mit jährlich 300 Millionen Dollar Miete auf Dauer zu teuer ist. Seit 2012 wird im Fernen Osten gebaut.

Dem Zeitplan hinkt man nun aber bereits deutlich hinterher. Ursprünglich sollte das Kosmodrom 2015 eröffnet werden. Die erste Rakete flog dann Ende April 2016 (siehe Tagesübersicht Russlandgeschäft).

Fertig ist die erste Ausbaustufe trotz des ersten Abschusses noch nicht. Erst 11 von 20 Objekten sind in Betrieb. Bis 31. Oktober sollen die übrigen übergeben werden – weitere Raketenstarts sind erst 2017 geplant. Ob der Oktober-Termin eingehalten werden kann, ist fraglich – auch wegen der Streiks.

Korruption und Finanzprobleme

Mehrere Korruptionsskandale erschütterten zudem das Projekt. Die Streiks wegen ausbleibender Gehälter schafften es 2015 sogar bis in eine Putin-Bürger-Fragestunde. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Versickerns riesiger Summen, wobei die offiziellen Zahlen zwischen 5 und 16 Milliarden Rubel (70 bis 230 Millionen Euro) schwanken.

Wie das Handelsblatt kürzlich berichtete, fehlen dem staatlichen Bauunternehmen Spezstroj (nicht zu verwechseln mit dem oben genannten SpezDORstroj) fehlen umgerechnet 100 Millionen Euro, um die erste Ausbaustufe des Kosmodroms fertig zu stellen. Und die Raumfahrtagentur Roskosmos will kein Geld nachschießen. „Alle Mittel für die Objekterrichtung der ersten Ausbaustufe Wostotschnys wurden dem Generalauftragnehmer bereits zur vereinbarten Zeit überwiesen“, sagte ein Roskosmos-Sprecher.

Als Konsequenz wird Roskosmos bei der zweiten Ausbaustufe wohl eine Ausschreibung veranstalten.

Bis Mai wurden für den Bau bereits 84 Milliarden Rubel (rund 1,2 Milliarden Euro) ausgegeben.

“Es werden Köpfe rollen”

Auch personell dürfte es Konsequenzen geben. “Es werden Köpfe rollen”, zitiert der Kommersant einen Beamten nach einer Besprechung mit dem für den Industrie- und Rüstungssektor zuständigen Vizepremier Dmitri Rogosin. Rogosin war seinerseits vom Präsidenten gerüffelt worden, weil sich der Raketenstart im April um einen Tag verzögert hatte.

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Quelle: Автор: Владислав Ларкин – собственная работа, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

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