ThyssenKrupp beteiligt sich an 300 Mio.-Euro-Projekt in Russland

ThyssenKrupp beteiligt sich an 300 Millionen-Euro-Projekt in der russischen Leichtindustrie

Ein paar Stunden zuvor hatte Präsident Wladimir Putin in seiner Rede an die Nation Anfang Dezember betont, wie wichtig es sei, moderne, zukunftsweisende und konkurrenzfähige Industrien zu entwickeln und zu fördern.

Von Jens Böhlmann, Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft


Und als hätte jemand im Hintergrund Regie geführt, unterzeichneten am gleichen Tag die Region Iwanowo, die russische IPK AG (Polyester Plant Iwanowo) und Vertreter von thyssenkrupp Industrial Solutions (TKIS) einen Auftrag in Höhe von 150 Millionen Euro zur Lieferung einer Polykondensationsanlage und von drei Stapelfaser-Produktionslinien, über die technologische Umsetzung und über begleitende ingenieurtechnische Dienstleistungen. Die neu entstehende Anlage kann bis zu 200.000 Tonnen Polyesterpolymere herstellen und ist ein klassisches Greenfield-Projekt. Für die Lieferung und den Bau der Anlagen sind etwa zweieinhalb Jahre eingeplant. Die Produktion soll 2019 gestartet werden.

Interesse der deutschen Wirtschaft am russischen Markt

Diese Vereinbarung ist einer der größten Verträge, die in den vergangenen drei Jahren unterzeichnet wurden, und zeigt, dass das Interesse der deutschen Wirtschaft am russischen Markt(Ostexperte.de berichtete) und der russischen Unternehmen an Industriepartnerschaften auf höchstem technologischen Niveau vor allem mit deutschen Unternehmen nach wie vor hoch ist. „Das Projekt hat strategischen Charakter für die Region und für die gesamte Textilindustrie der Russischen Föderation“, betonte Swetlana Davletova, die extra zur Vertragsunterzeichnung angereiste stellvertretende Gouverneurin des Gebietes Iwanowo.

Tatsächlich ist der geplante Neubau die größte Investition in der Leichtindustrie seit dem Zerfall der Sowjetunion und stellt einen Wendepunkt in der Entwicklung dieses Industriezweiges dar, der in der Vergangenheit die Konkurrenz aus China und Asien sehr stark zu spüren bekam. Gerade deshalb wird das Projekt auch vom russischen Ministerium für Industrie und Handel tatkräftig unterstützt.

Johan Cnossen, der COO von TKIS mit Sitz in Essen, machte deutlich, dass der Schwerpunkt des Projektes auf den Ingenieurleistungen liegt, aber nur auf Grund der hervorragenden, jahrelangen Geschäftsbeziehungen zustande gekommen ist: „Für ein großes Gebäude braucht man ein sehr stabiles Fundament, so ist das auch bei unserem gemeinsamen Projekt. Aber bei uns sieht man auch die Leistung der Ingenieure sehr deutlich.“

Schritt aus der Abhängigkeit

Damit wird im Gebiet Iwanowo dem Unternehmen zufolge eine der weltweit modernsten Anlagen zur Produktion von Textilfasern und Granulat aus Polyethylenterephthalat (PET) entstehen. PET ist ein thermoplastischer Kunststoff aus der Gruppe der Polyester, der Anwendung in der Bekleidungsindustrie, der Medizintechnik, bei der Herstellung von Möbeln, als Füllstoff, in der Automobilproduktion, als Abdeckmaterial und in anderen Bereichen findet.

Diese für Russland einmalige Anlage ist ein weiterer Schritt, um sich aus der zu großen Abhängigkeit von Importen zu befreien, und ermöglicht eine Tiefenverarbeitung von petrochemischen Rohstoffen. „Wir beobachten seit einigen Jahren, dass neben dem reinen Export von unverarbeiteten Rohstoffen technologisch anspruchsvolle Produktionen in der Industrie entstehen. Dieses Werk ist deshalb ein weiterer Schritt heraus aus der Abhängigkeit von der Volatilität der internationalen Rohstoffmärkte“, so Michael Harms, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft.

Insgesamt sind für das Projekt rund 300 Millionen Euro veranschlagt. Neben den deutschen Projektpartnern TKIS, Uhde Inventa-Fischer und Neumag sind tschechische Unternehmen mit der Ausführung der Bauleistungen und der Lieferung der Bauteile beauftragt. Die finanzielle Absicherung des Projektes erfolgt auf deutscher Seite über eine hermesgedeckte Kreditlinie unter Einbeziehung der AKA-Bank und auf russischer Seite seitens der Wneschekonom-Bank.

[accordion open_icon=”chevron-up” closed_icon=”chevron-down”] [/su_spoiler]Quelle: Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, Vertragsunterzeichnung in Essen. Foto: J. Böhlmann[/su_spoiler]