Tagesübersicht Russlandgeschäft: 05.02.2016

Russland plant eine Steuer auf ungesunde Produkte, Polen fordert im Lkw-Streit mit Russland eine Verdreifachung der Quoten und zwei interessante Interviews.

Willkommen zur Tagesübersicht Russlandgeschäft an diesem Freitag, den 5. Februar 2016. Das sind unsere Themen:

Wir wünschen Ihnen ein schönes und erholsames Wochenende!


Russische Regierung plant, Verbrauchssteuer auf „schädliche“ Produkte einzuführen

Die Wirtschaftszeitung Vedomosti berichtet heute darüber, dass die russische Regierung plant, eine Verbrauchssteuer auf „schädliche Produkte“ (ungesunde) vorzustellen.

Erste mögliche Produkte: Palmöl, Chips, elektronische Zigaretten. Insbesondere soll es sich um Waren mit hohem Fett- oder Zuckergehalt handeln. Diese könnten auf Basis der Methodik der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstellt werden.

Ein anderer Ansatz sieht vor, nur Produkte, die Zucker oder Palmöl beinhalten, zu besteuern. So solle deren Verbrauch gesenkt werden. Auch eine zusätzliche Besteuerung von Getränken mit hohem Zuckergehalt oder chemischen Essenzen sei denkbar, sagte ein Vertreter des russischen Finanzministeriums.

Zwei Beamte gaben gegenüber Vedomosti an, dass der russische Präsident die Initiative unterstütze. Die Vorschläge sollen nun in den nächsten Wochen geprüft werden.

Die Sorge um die Gesundheit seiner Bürger dürfte aber nur einen geringen Teil der Initiative erklären. Vor allem geht es wohl um zusätzliche Einnahmen für das wegen des niedrigen Ölpreises klamme Staatsbudget.

Seitens der Unternehmen löste der Vorschlag Proteste aus. Ein nicht näher genannter Top-Manager eines großen Lebensmittel-Unternehmens sagte etwa: „Solche Initiativen seien eine zusätzliche Belastung für die Unternehmen.“ Die Preise könnten zudem weiter steigen. Pepsi und Coca Cola lehnten einen Kommentar bislang ab.

Mit dem Landwirtschaftsministerium sei der Vorschlag bislang nicht diskutiert worden, teilte es dem Kommersant mit. Es habe keine Vorschläge erhalten.


Lkw-Streit zwischen Russland und Polen: Polen fordert Verdreifachung der Quoten

Zwischen Russland und Polen steht momentan der Schwerlastverkehr (Ostexperte.de berichtete). Dabei geht es um eine Quotenregelung zwischen den Ländern, über die man sich bislang nicht einigen konnte. Die bisherigen Regelungen liefen am 31. Januar aus. Polen fordert nun eine Erhöhung der Quoten um fast das Dreifache, erklärte das russische Transportministerium am Donnerstag, nachdem es am Mittwoch, den 3. Februar Gespräche in Warschau gegeben hatte.

„Die polnische Seite forderte eine Erhöhung der Quoten um fast das Dreifache für Transporte in Drittländer als wir das Thema besprochen haben“, hieß es vom Ministerium. Man wolle betonen, dass man auf die polnische Seite zugegangen sei. Alle Anforderungen des neuen russischen Gesetzes – ein Ausgangspunkt des Streits (siehe Artikel) – seien erläutert worden.

Die nächste Verhandlungsrunde solle es in naher Zukunft geben, fügte das Ministerium gegenüber TASS hinzu.


Zentralbank entzieht Regnum und Joint-Stock Bank Lizenzen

Fast täglich entzieht mittlerweile die russische Zentralbank Bank-Lizenzen. Heute traf es die Regnum-Bank, am Mittwoch, die International Joint-Stock Bank.


Russischer Botschafter in Deutschland im Interview

Der russische Botschafter in Deutschland, Wladimir Grinin, hat Cicero.de ein ausführliches Interview gegeben.

Darin ging es unter anderem um die Sanktionen und die deutsch-russischen Beziehungen. Es handele sich dabei um einen „Verfall der Beziehungen“. Er wolle aber auch daran erinnern, dass es einige positive Signale gebe. Man habe zum etwa “eine Businessplattform hergestellt Stelle der strategischen Arbeitsgruppe für Wirtschaft und Finanzen”. Grinin sagte auch: “Besonders ist zu betonen, dass wir viel Wert auf die Fortsetzung und Intensivierung unserer wirtschaftlichen Zusammenarbeit legen.“

Auch die weiterhin starke Präsenz deutscher Unternehmen in Russland bewerte er positiv. Der Handel sei wegen der Sanktionen zurückgegangen.

Auch interessant: In einem Satz sagt Grinin: „der Fall Lisa scheint erledigt“.


Interview mit Ökonom Gontmacher: “Es erwartet uns nichts Gutes”

Und noch ein interessantes Interview: mit dem Ökonomen Jewgenij Gontmacher in der WirtschaftsWoche. Es geht vor allem um die Wirtschaftskrise.

Er denke, dass das BIP in diesem Jahr weniger stark sinken werde als 2015. Die negative Entwicklung setze sich dennoch fort. “Nach den Prognosen erwartet man minus ein Prozent. Ich glaube aber, die Inflation wird gleichzeitig wieder im zweistelligen Bereich – bei etwa zehn Prozent – landen. Mit anderen Worten: es erwartet uns nichts Gutes, die russische Wirtschaft befindet sich weiter im Fall und hat den Grund noch nicht erreicht.”

Weiter kritisiert Gontmacher deutlich fehlende Reformen:

“Alle sprechen von einer Diversifizierung der Wirtschaft: Das sagt Putin, das sagt Medvedev. In Wirklichkeit passiert aber nichts. Um eine Trendwende einzuleiten, braucht man die tiefgreifenden Reformen, von denen ich gesprochen habe. Es sind keine reinen Wirtschaftsreformen, es sind eher Strukturreformen, Reformen der Staatsverwaltung und des Rechtssystems. Gref (ehemaliger Minister für wirtschaftliche Entwicklung und Handel, Anm. d. Red.) hat völlig Recht damit, dass das Hauptproblem bei uns in der mangelnden Effektivität der Staatsverwaltung liegt. Keine einzige Reform kann heute in Russland erfolgreich sein ohne die Änderung des Staatsverwaltungsstils.”