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Russlands Wirtschaft nach dem Kriegsboom – Wie geht es weiter?

Diese Artikel analysiert das unerwartet starke Wachstum Russlands Wirtschaft im Jahr 2024, das vor allem durch hohe Militärausgaben getrieben wurde, sowie die absehbare Abschwächung des Wachstums in den kommenden Jahren aufgrund restriktiver Geldpolitik, Arbeitskräftemangel und Inflation. Er bietet Einblicke in die wirtschaftlichen Herausforderungen und Zukunftsaussichten Russlands und hilft, die Auswirkungen der Sanktionen, der Zinspolitik und die geopolitische Lage besser zu verstehen. Für Wirtschaftsexperten, Investoren, Politikanalysten und alle, die sich mit den ökonomischen Folgen des Ukraine-Krieges befassen.

Schlüsselpunkte zur Entwicklung der russischen Wirtschaft nach 2 Jahren Kriegsboom

  1. Wirtschaftswachstum 2024: Russlands BIP ist laut Rosstat 2024 um 4,1 % gewachsen, vor allem dank hoher Rüstungsausgaben. Auch 2023 wurde das Wachstum auf 4,1 % nach oben korrigiert.
  2. Rückgang des Wachstums erwartet: Prognosen für 2025 gehen von einem starken Rückgang der Wachstumsrate auf 1,4–1,7 % aus. Die russische Zentralbank und CMASF erwarten eine deutliche Abschwächung.
  3. Inflation und Zinspolitik: Die Inflation beschleunigte sich 2024 auf 9,52 %, saisonbereinigt sogar auf 14,2 %. Die Zentralbank hielt den Leitzins im Dezember 2024 trotz steigender Inflation bei 21 %.
  4. Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosenquote fiel auf 2,3 %, da viele Arbeitskräfte durch den Kriegseinsatz fehlen. Der hohe Arbeitskräftemangel begrenzt weiteres Wachstum.
  5. Löhne und Konsum: Reallöhne stiegen 2024 um 8,7 %, was den Konsum stützte. 2025 wird jedoch ein deutlich langsameres Einkommenswachstum erwartet.
  6. Zukunftsausblick: Die russische Zentralbank warnt vor einer Überhitzung der Wirtschaft und lehnt eine weitere Stimulierung der Nachfrage ab. Experten wie Maximilian Hess erwarten 2025 ein „Null-Wachstum“.

Rüstungsboom treibt Wirtschaftswachstum an

Russlands Ministerpräsident Mischustin konnte Staatspräsident Putin am 07. Februar über ein unerwartet starkes Wachstum der russischen Wirtschaft berichten. 2024 ist das reale Bruttoinlandsprodukt laut einer vorläufigen ersten Schätzung des Statistikamtes Rosstat gegenüber dem Vorjahr um 4,1 Prozent gewachsen. Dabei stieg die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe im Vorjahresvergleich gut doppelt so stark um 8,5 Prozent, angetrieben vor allem durch die hohen staatlichen Rüstungsausgaben. Bei der kurz zuvor veröffentlichten Analysten-Umfrage der russischen Zentralbank war der Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2024 im Mittelwert auf 3,9 Prozent geschätzt worden.

Russlands Wirtschaft seit 2021 um 13 Prozent gewachsen

2023 ist die russische Wirtschaft deutlich stärker gewachsen als bisher von Rosstat ermittelt wurde. Laut der neuen dritten Rosstat-Schätzung wuchs das reale Bruttoinlandsprodukt 2023 nicht nur um 3,6 Prozent, sondern ebenfalls um 4,1 Prozent (siehe Tabelle unter der folgenden Abbildung).

2022 war der Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts allerdings etwas stärker (- 1,4 Prozent) als Rosstat bisher errechnete (- 1,2 Prozent).

In den vier Jahren 2021, 2022, 2023 und 2024 ist das reale Bruttoinlandsprodukt Russlands damit um insgesamt rund 13 Prozent gestiegen.

Index des realen Bruttoinlandsprodukts (2020=100): rote Linie: Revidierte Rosstat-Daten und neue Schätzung für 2024

Schaubild, welches den Index des russischen BIPs zeigt.
Finam.ru: Evgeny Suworow,CentroCredit Bank: Sensation from Rosstat, 07.02.25

In der obigen Tabelle der CentroCredit Bank werden die gelb markierten neuen Rosstat-Schätzungen für die Jahre 2021, 2022, und 2023 mit den bisherigen Rosstat-Schätzungen verglichen.

Der erste Kasten der Tabelle zeigt außerdem, dass der nominale Wert des Bruttoinlandsprodukts 2024 erstmals knapp über 200.000 Milliarden Rubel gestiegen ist.

Der zweite Kasten zeigt die jährlichen Veränderungsraten des realen Bruttoinlandsprodukts.

Der dritte Kasten zeigt den jährlichen Anstieg des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus (Deflator).

Wachstum verliert an Dynamik: Prognosen für 2025 gespalten

2025 wird sich der Zuwachs der gesamtwirtschaftlichen Produktion nach Einschätzung der Teilnehmer der Zentralbank-Umfrage aber stark abschwächen. Sie rechnen in diesem Jahr im Mittelwert (Median) nur noch mit einem Wachstum der Wirtschaft von 1,6 Prozent.

Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorjahr in Prozent

Ein Schaubild, welches den Anstieg des realen BIP gegenüber dem Vorjahr in % anzeigt.
Central Bank of Russia: Macroeconomic survey of the Central Bank of Russia, 05.02.25

Die russische Regierung ist in ihrer Haushaltsplanung optimistischer. Sie erwartet 2025 nur einen moderaten Rückgang der Wachstumsrate auf 2,5 Prozent.

Im Gegensatz dazu meinen aber auch einige Beobachter, Russlands Wirtschaftsleistung könnte in diesem Jahr stagnieren oder es könne sogar eine Rezession geben. Wir haben Stimmen zur Bilanz der Wirtschaftsjahres 2024 und zu den Risiken und Chancen für die russische Wirtschaft im neuen Jahr gesammelt.

Droht eine Pleitewelle? Experten kritisieren Zentralbankpolitik

Der Moskauer Wirtschafts-Thinktank „Center for Macroeconomic Analysis and Shortterm Forecasts, CMASF“ erwartet in seiner Ende Januar aktualisierten Konjunkturprognose in weitgehender Übereinstimmung mit Prognosen des IWF und der Weltbank für 2025 einen Rückgang des jährlichen Wachstums der Gesamtwirtschaft auf nur noch 1,4 bis 1,7 Prozent. 2026 werde das Bruttoinlandsprodukt kaum stärker um 1,5 bis 1,8 Prozent steigen (siehe auch: Frank Media).

Zu den Gründen für die erwartete signifikante Abschwächung des Wirtschaftswachstums in den Jahren 2025 und 2026 hat sich der Stellvertretende Generaldirektor des CMASF, Dmitry Belousov, in einem TASS-Gastbeitrag geäußert. Er meint, teilweise sei dafür die „überzogen straffe“ Geldpolitik der russischen Zentralbank verantwortlich.

The Bell“ berichtete, das CMASF prognostiziere eine Welle von Konkursen, wenn die Zinsen weiterhin so hoch wie jetzt blieben. Die Rückzahlung von Krediten werde für die Unternehmen immer schwieriger, weil eine wachsende Zahl von Unternehmen Probleme hätten, Forderungen gegenüber ihren Geschäftspartnern einzutreiben. Diese würden es angesichts der hohen Zinsen vorziehen, ihre liquiden Mittel zinsbringend anzulegen.

Russlands Wirtschaft nimmt zum Jahresende 2024 wieder Fahrt auf

Die russische Zentralbank weist in ihrem am 4. Februar veröffentlichten Konjunkturbericht „Talking Trends“ darauf hin, dass aktuelle Konjunkturindikatoren und Umfragen auf einen „neuen Schub“ für das Wachstum der russischen Wirtschaft am Ende des Jahres 2024 hindeuten.

Der saisonbereinigte Anstieg der Verbraucherpreise sei in den Monaten Dezember und Januar anhaltend hoch geblieben. Das lasse darauf schließen, dass die Nachfrage das Angebot immer noch übersteigt.

Erste Berechnungen des Wirtschaftsministerium bestätigen die von der Zentralbank vermutete Beschleunigung des Wachstums am Jahresende. Nachdem das reale Bruttoinlandsprodukt im November saisonbereinigt auf dem im Oktober erreichten Niveau stagnierte, zog es laut dem Ministerium im Dezember gegenüber November um 0,9 Prozent an. Im Vergleich zum Dezember 2023 stieg die gesamtwirtschaftliche Produktion im Dezember 2024 um 4,5 Prozent an. Im November war sie 3,6 Prozent höher als im Vorjahr (Finmarket.ru).

Einkaufsmanager-Indizes signalisieren Wachstumsimpuls

Auf eine Wachstumsbeschleunigung deutet auch der vom Research-Unternehmen S&P Global bei Befragungen von Unternehmen im Januar ermittelte kräftige Anstieg der „Einkaufsmanager-Indizes“ hin. Der Index im „Verarbeitenden Gewerbe“ stieg von 50,8 Punkten im Dezember auf  53,1 Punkte im Januar. Der Index für den Dienstleistungsbereich stieg von 51,2 auf 54,6 Punkte.

Der in der folgenden Abbildung dargestellte kombinierte Einkaufsmanager-Index „Composite Output Index“ stieg von 51,1 auf 54,7 Punkte (blaue Linie; linke Skala). Indexwerte über 50 Punkten signalisieren ein saisonbereinigtes Wachstum gegenüber dem Vormonat. Wie die Abbildung zeigt, folgt einem Wachstum des kombinierten Indexes oft mit zeitlicher Verzögerung ein Anstieg der jährlichen Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts (orange Linie; rechte Skala).

Kombinierter Einkaufsmanager-Index und jährliche Veränderungsrate des Bruttoinlandsprodukts

Schaubild, welches den kombinierten Einkaufsmanagerindex Russland zeigt.
S&P Global: S&P Global Russia Services PMI, Russia Composite PMI, 05.02.25

Kommersant weist allerdings darauf hin, dass andere Unternehmensbefragungen im Bereich der Industrie im Januar eine weitere Eintrübung der Stimmung der Unternehmen feststellten. So habe das Konjunkturforschungsinstitut der Russischen Akademie der Wissenschaften aus seiner Unternehmensbefragung gefolgert, dass sich in der russischen Industrie eine Abkühlung der Wirtschaftsaktivitäten zunehmend deutlich abzeichne (Kommersant: Industrial optimism slips with sales, 21.01.25)

Die Zentralbank erwartet in ihrem Konjunkturbericht „Talking Trends“, dass die Entwicklung der Aufnahme von Krediten und die „Normalisierung der Fiskalpolitik“ den Anstieg der Nachfrage allmählich dämpfen werden. Gleichzeitig betont sie erneut, dass es notwendig sei, „die restriktiven monetären Bedingungen über einen langen Zeitraum beizubehalten“, um die Inflationsrate wieder dem angestrebten Ziel von 4 Prozent zu nähern.

Prognose für 2025: Stagnation statt Wachstum?

Maximilian Hess, Unternehmensberater in London und u.a. non-resident fellow am Foreign Policy Research Institute in Philadelphia, sieht die diesjährige Entwicklung der russischen Wirtschaft ähnlich skeptisch wie einige andere westlicher Experten. Er weist im Podcast „Zaren.Daten.Fakten“ der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer im Gespräch mit Thomas Baier darauf hin, Zentralbankpräsidentin Nabiullina stehe angesichts der auf 21 Prozent erhöhten Leitzinsen inzwischen unter starkem Druck. Für die russischen Banken seien die Zinsen zwar immer noch sehr profitabel (siehe auch AHK-Meldung zum Rekordgewinn des russischen Bankensektors im Jahr 2024). Die russischen Unternehmen kämen infolge der hohen Zinsen aber in eine sehr schwierige Lage.

Hess erwartet 2025 eine Stagnation der gesamtwirtschaftlichen Produktion in Russland. Er  merkt im Podcast an, dass Prognosen für die internationale Wirtschaftsentwicklung angesichts der Ungewissheit über die Politik von US-Präsident Trump in diesem Jahr zwar noch schwieriger seien als im letzten Jahr. Er erwarte aber, dass das Wachstum der russischen Wirtschaft im Jahr 2025 „quasi Null“ sein werde (Min. 38).

Eine „sehr große Krise“ werde man im Jahr 2025 in Russland trotz der hohen Leitzinsen von derzeit 21 Prozent aber nicht sehen, meinte Hess im Verlauf des Gesprächs (Min.16). Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Ölproduktion Russlands nicht infolge von Sanktionen einbricht. Die Entwicklung der Ölpreise sei sehr ungewiss (siehe Trading Economics Chart für russisches Urals-Öl mit starken Preisschwankungen).

Arbeitskräftemangel als Wachstumsbremse der russischen Wirtschaft

Die Möglichkeiten für ein weiteres Wachstum der russischen Wirtschaft sind vor allem durch den Mangel an verfügbaren Arbeitskräften stark eingeschränkt.

Im Jahr 2023 rekrutierte die russische Armee laut Präsident Putin rund 300.000 Soldaten und im Jahr 2024 rund 430.000 Soldaten. Das berichtet bne Intellinews in seinem „Russia Outlook 2025“. Die Prämien für die Verpflichtung zum Kriegsdienst hätten in einigen Regionen rund 3 Millionen Rubel (rund 30.000 US-Dollar) erreicht. Hunderttausende russischer Männer wurden so dem zivilen Arbeitsmarkt durch den Kriegsdienst entzogen. Viele andere emigrierten ins Ausland.

Die Nachfrage nach Arbeitskräften als Summe der Zahl der Beschäftigten und der Zahl der offenen Stellen stieg laut einer Analyse des CMASF 2024 auf rund 76 Millionen (siehe folgende Abbildung). Die Arbeitslosenquote sank im Oktober 2024 auf 2,3 Prozent. 

Nachfrage nach Arbeitskräften in Millionen und Arbeitslosenquote in Prozent

Russland: Ein Schaubild, welches die Nachfrage nach Arbeitskräften in Millionen und die Arbeitslosenquote in % zeigt.
CMASF: Analytical note: On the situation in the Russian economy, 23.01.25

Auch im Dezember betrug die Arbeitslosenquote laut Rosstat wie in den beiden Vormonaten auf dem historischen Tiefstand von 2,3 Prozent (Finmarket.ru). Das CMASF-Institut erwartet für das Jahr 2025 eine Arbeitslosenquote von 2,3 bis 2,7 Prozent. 2026 werde sie mit 2,5 bis 2,8 Prozent kaum höher sein.

Reallöhne und Konsum legten 2024 kräftig zu, 2025 droht Abkühlung

Laut Rosstat waren die Reallöhne in Russland im November 8,7 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Die real verfügbaren Einkommen stiegen im Dezember im Vorjahresvergleich um 7,3 Prozent.

Der reale Einzelhandelsumsatz ist laut Rosstat 2024 im Vorjahresvergleich um 7,2 Prozent gewachsen. Der Gesamtumsatz im Einzelhandel, in der Gastronomie und mit  kostenpflichtigen Dienstleistungen für die Bevölkerung stieg 2024 um 6,4 Prozent (Finam.ru).

2025 erwartet das CMASF aber deutlich schwächer steigende Einkommen. Die Reallöhne und auch die Realeinkommen werden in diesem Jahr laut CMASF voraussichtlich nur noch um 2,5 bis 2,9 Prozent zunehmen. Deswegen werde auch der reale Einzelhandelsumsatz nur noch um 2,5 bis 2,7 Prozent steigen, ähnlich schwach wie der reale Umsatz mit privaten Dienstleistungen (+2,5 bis +2,8 Prozent).

Inflation in Russland erreicht Höchststand von 9,52 % im Dezember 2024

Die angesichts der Knappheit an Arbeitskräften stark gestiegenen Einkommen der privaten Haushalte trugen dazu bei, dass die jährliche Inflationsrate in Russland im Dezember 2024 laut dem Statistikamt Rosstat 9,52 Prozent erreichte (Finmarket.ru). Noch höher war sie in den letzten 15 Jahren nur im Jahr 2022, dem ersten Jahr des Ukraine-Krieges, und während der Wirtschaftskrise 2014-15 nach der Annexion der Krim berichtet Reuters.

Die Preise für Grundnahrungsmittel wie Butter, Eier und Gemüse stiegen im vergangenen Jahr häufig zweistellig. In Meinungsumfragen steht die Inflation deswegen ganz oben auf der Liste der wirtschaftlichen Probleme.

Angetrieben wurde Russlands Konjunktur – und damit auch der Anstieg der Verbraucherpreise – 2024 vor allem durch die hohen Militärausgaben. 2025 sollen sie laut Reuters 41 Prozent der gesamten Staatsausgaben ausmachen.

Saisonbereinigte Inflationsraten: Preisanstieg in Russland 2024 im Detail

Das Forschungsinstitut BOFIT der finnischen Zentralbank weist in seinem Wochenbericht darauf hin, dass sich der Anstieg der Verbraucherpreise Ende letzten Jahres beschleunigt hat. Im Dezember 2024 habe der auf Jahresrate hochgerechnete Anstieg der saisonbereinigen Inflationsrate (SAAR = seasonally adjusted annual rate) rund 14 Prozent erreicht. Die russische Zentralbank errechnete für Dezember einen Anstieg der saisonbereinigten jährlichen Inflationsrate von 14,2 Prozent (siehe rechte graue Säule in der folgenden Abbildung).

Anstieg der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat in Prozent (auf Jahresrate hochgerechneter saisonbereinigter Anstieg gegenüber dem Vormonat)

Schaubild, welches den Anstieg der Verbraucherpreise gegenüber dem Vormonat zeigt. Russland.

Central Bank of Russia: What the trends say, 04.02.25

Wie die obige Abbildung der russischen Zentralbank zeigt, war der saisonbereinigte jährliche Anstieg der Lebensmittelpreise (rote Linie) im Dezember mit rund 23 Prozent mehr als doppelt so hoch wie der saisonbereinigte Anstieg der Verbraucherpreise bei Nicht-Lebensmitteln (rund 10 Prozent). Der saisonbereinigte Anstieg der Preise für Dienstleistungen sank im Dezember auf rund 8 Prozent.

Russische Zentralbank belässt Leitzins bei 21 Prozent trotz steigender Inflation

Die russische Zentralbank hat bereits im Oktober 2024 ihren Leitzins auf 21 Prozent angehoben, um den Preisanstieg zu verringern. Noch höher war der Leitzins zuletzt in den chaotischen ersten Jahren nach dem Zusammenbruch der UdSSR.

BOFIT merkt an, dass der Inflationsdruck durch die starke Abwertung des Rubels Ende November/Anfang Dezember noch verstärkt worden sei (TradingEconomics Chart). Dennoch habe das Direktorium der Zentralbank bei seiner Dezember-Sitzung den Leitzins unverändert bei 21 Prozent belassen (schwarze Linie in der folgenden Abbildung), obwohl Analysten mit großer Mehrheit eine weitere Erhöhung erwarteten.

Im Vergleich zum Dezember 2023 stieg der Index der Verbraucherpreise im Dezember 2024 laut Rosstat um 9,52 Prozent (rote Linie). Damit war er doppelt so hoch wie die von der Zentralbank angestrebte Inflationsrate von 4 Prozent (gestrichelte Linie).

Anstieg der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat und Leitzins der russischen Zentralbank in Prozent

Ein Chart, welcher den Anstieg der Verbraucherpreise und den Leitzins der russischen Zentralbank zeigt
Reuters; D. Korsunskaya, G. Bryanskis: Five key challenges for the Russian economy in 2025, 23.01.25

Unternehmerpräsident Shokhin erwartet keine weitere Leitzinserhöhung

In einem Kommersant-Artikel zum Konjunkturbericht „Talking Trends“ der Zentralbank verweist der Investment-Berater Andrey Kochetkov darauf, dass die jährliche Inflationsrate bis Ende Januar 2025 weiter auf „praktisch 10 Prozent“ gestiegen sei. Er sieht darin einen Hinweis, dass die Zentralbank die Geldpolitik am 14. Februar weiter straffen wird.

Allerdings ist bereits die starke Erhöhung der Leitzinsen auf 21 Prozent im Oktober von prominenten Vertretern der russischen Wirtschaft kritisiert worden. Eingewandt wird, dass hohe Zinsen die zivilen Sektoren der Wirtschaft belasten während der stark subventionierte Verteidigungssektor gegenüber Zinserhöhungen immun bleibe.

Alexander Shokhin, der Präsident des Verbandes der Industriellen und Unternehmer  RSPP, erklärte Ende Dezember laut Monocle.ru, dass der hohe Leitzins zu einer Verlangsamung der Investitionstätigkeit der Unternehmen geführt habe. Die Kreditvergabe an Unternehmen habe zu sinken begonnen.

Ende Januar äußerte Shokin, er gehe davon aus, dass die Zentralbank den Leitzins am 14. Februar erneut bei 21 Prozent belässt. Am stärksten betroffen von den hohen Zinsen ist laut Shokhin die Bauwirtschaft, die auch die Kürzung von Subventionen für die Finanzierung von Hypothekenzinsen zu spüren bekomme. Shokhin glaubt, dass Ende April mit einer Senkung des Leitzinses begonnen werden könnte, berichtet Monocle.ru.

Kritik an hohen Leitzinsen: Auswirkungen auf die zivile Wirtschaft und Investitionen

In ihrem Konjunkturbericht „Talking Trends“ sieht die Volkswirtschaftliche Abteilung der Zentralbank allerdings keine Möglichkeiten für eine Fortsetzung des bisherigen schnellen Wachstums der russischen Wirtschaft (Seite 10):

„Angesichts der Erschöpfung der Ressourcen (Produktionskapazität, Arbeitskräfte) ist eine Fortsetzung des schnellen Wirtschaftswachstums nicht möglich. Sollte die Stimulierung der Nachfrage unter solchen Bedingungen anhalten, ist eine hohe und steigende Inflation unvermeidlich, die die Wirtschaft in eine Rezession führen wird.

Daraus folgt, dass es keine wirkliche Wahl zwischen der Fortsetzung des schnellen Wirtschaftswachstums bei gleichzeitig hoher Inflation auf der einen Seite und einer Verlangsamung der Konjunktur und einer Desinflation auf der anderen Seite gibt.“


Die Höhe der Inflationsrate, so die Volkswirtschaftliche Abteilung, zeige an, welche Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts dem Wachstumspotenzial der russischen Wirtschaft entspreche. Wenn die Inflation auf eine anhaltend niedrige Rate von rund 4 Prozent gesunken sei, werde sich zeigen, mit welcher Wachstumsrate die russische Wirtschaft angesichts der neuen Struktur der russischen Wirtschaft wachsen könne (Interfax.com).


Photo by Nikita Ermilov on Unsplash

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