Russische Mobilfunkbetreiber gegen geplante Vorratsdatenspeicherung

Die verschärften Anti-Terror-Gesetze seien “technisch und ökonomisch nicht umsetzbar”

Die Chefs der vier führenden russischen Mobilfunkanbieter MTS, Megafon, VimpelCom (Beeline) und Tele2 haben sich klar gegen die am vergangenen Freitag, den 24. Juni beschlossene verschärfte Anti-Terror-Gesetzgebung ausgesprochen.

In dem “Jarowaja-Gesetze” genannten Paket ist unter anderem vorgesehen, dass die russischen Mobilfunkbetreiber sechs Monate lang alle Gespräche und Nachrichten speichern müssen. Die Verbindungsdaten sogar über einen Zeitraum von drei Jahren. Eine enorme Datenmenge und ein enormer Aufwand.

Das sei „technisch und ökonomisch nicht umsetzbar“, hieß es laut Kommersant am Montag in einem  gemeinsamen Brief der Generaldirektoren an Valentina Matwijenko, die Chefin des russischen Föderationsrat. Das Gesetz wurde zwar von der Staatsduma in drei Lesungen beschlossen, nun muss es allerdings vom Föderationsrat gebilligt und vom Präsidenten unterzeichnet werden, bevor es in Kraft treten kann.

Dann müsste ab 1. Juli 2018 mit der Speicherung begonnen werden.

Datenspeicherung kostet Betreiber 33,8 Milliarden Dollar

Daher baten die Betreiber Matwijenko, die Änderungen abzulehnen. Die Speicherung der Sprach- und anderer Daten für sechs Monate werde die Anbieter 2,2 Billionen Rubel kosten (33,8 Milliarden Dollar) und auch zu höheren Preisen und einer schlechteren Verbindungsqualität führen, heißt es in dem Brief. Außerdem könne das Risiko, dass auf solche Daten illegal zugegriffen wird, eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen, behaupten die Unternehmen weiter.

Zur Dimension der Ausgaben äußerte sich ein Vertreter von MTS: Die Gewinne hätten sich 2015 nur auf 364 Millionen Dollar belaufen, die Einkommenssteuer auf 69 Millionen Dollar. „Wir werden etwa 100 Jahre keine Gewinnsteuern zahlen können und dem Haushalt entgehen 6,9 Milliarden Dollar“, sagte Dmitrij Solodownikow von MTS gegenüber dem Kommersant.

Update: Wie Interfax am 29. Juni mitteilte, hat der Föderationsrat das Gesetz gebilligt. Zuvor hatte Kommunikations- und Medienminister Nikolaj Nikiforow auf die Kritik reagiert und gesagt, dass “einige Anpassungen” nötig seien. Er glaube, dass es “einige ernsthafte Schwierigkeiten bei der Anwendung dieses Gesetztes” gebe. 

“Repressivste Gesetze seit dem Ende der Sowjetunion”

Neben dieser allumfassenden Vorratsdatenspeicherung sieht das Paket weitere scharf kritisierte Maßnahmen vor. So müssen Messenger-Dienste Sicherheitsbehörden eine Dekodierungschlüssel geben, damit diese auf Nachrichten zuzugreifen können. Weiter ist eine ausgeweitete Strafmündigkeit ab 14 Jahre vorgesehen, die Strafen für Extremismus wurden verschärft, es gibt nun eine Strafe dafür, wenn man versäumt eine Straftat den Behörden zu melden. Extremismus wird härter bestraft.

Russische “Paket-Betreiber“ wie die russische Post müssen den Gesetzen zufolge sicherstellen, dass sie nichts Illegales befördern. Die Kosten für die Kontrollen muss der Betreiber selbst tragen.

Es seien „die repressivsten Gesetze seit dem Ende der Sowjetunion“, beschreibt sie das Online-Medium Meduza. Auch Edward Snowden sprach sich dagegen aus, dass die Gesetze trotz aller Einwände von Bürgern, Wirtschaft und Regulatoren bereits vor der Unterschrift stehen. Snowden nannte sie “Big Brother Law”.

Auch international sorgten die Gesetze für großes Aufsehen. Im Vorfeld wurden vor allem die ursprünglich enthaltenen Vorschläge kritisiert, dass im Falle von Terrorismus oder extremen Verbrechen, die russische Staatsbürgerschaft entzogen werden könnte. Ebenso sollte verboten werden können, das Land zu verlassen. Beide Vorschläge ließ die Duma aber in der finalen Version fallen.