Morgenkommentar am 16. Februar 2017

Selbst wenn Donald Trump über sein “Kremlgate” stolpert – die inneramerikanische Auseinandersetzung zwischen der nationalen und der globalistisch-imperialen Denktradition hat erst begonnen. Das unterstrich am Mittwoch der Geostrategie-Experte Dmitri Trenin vom Moskauer Carnegie-Zentrum. Vor dem Berliner Forschungsinstitut “Dialog der Zivilisationen” sagte er, mit dem Brexit sei der Prozeß der Integration Kontinentaleuropas in die Welt zum Stillstand gekommen. Jetzt kristallisiere sich eine angelsächsische Welt (“Five Eyes”) heraus, mit der vor allem Russland und China rivalisierten.

Die Beziehung der beiden Letztgenannten bezeichnete er als Entente, als schwächere Version von Allianz. Man unternehme nichts gegeneinander, aber auch nicht alles gemeinsam.

Westeuropa werde in Moskau nicht als “strategic player” wahrgenommen. Die osteuropäischen Länder gelten sowieso als EU-Mitglieder zweiter Klasse. Russland habe weiterhin ein Interesse an bilateralen Beziehungen, vor allem zu den Großen in der EU, Deutschland und Frankreich. Ansonsten gelte der Kontinent nurmehr als Nachbar – das dreihundertjährige Gefühl der Zugehörigkeit werde Vergangenheit.

Das Ergebnis der 25 Jahre nach 1990: Russland hat sich als in den Westen nicht integrierbar erwiesen, ist seinerseits aber auch nicht imstande, die ehemaligen Sowjetrepubliken, allen voran die Ukraine, in einem gemeinsamen Raum zu integrieren. Damit, so Trenin, hat Moskau sich abgefunden und betreibt eine zweigleisige Politik. Zum einen Kriegsvermeidung mit den USA, zum anderen der stete Ausbau der geostrategischen Position in Eurasien – zwischen Norwegen und Nordkorea. Wohl abgesehen vom “Islamischen Staat” (IS) gebe es kein Land und keine Kriegspartei in Eurasien, zu dem bzw. zu der Moskau keine Kontakte pflege. Damit kompensiert Russland die traditionelle außenpolitische Schwäche der wirtschaftlich dominierenden Chinesen. Dazu ein isolationistisches Amerika – und eine neue Weltordnung entsteht am Horizont.