Großbritannien nähert sich Russland an

Großbritannien nähert sich Russland an

Die Regierung Großbritanniens hat in jüngster Vergangenheit erste Annäherungsversuche gewagt, die beschädigten Beziehungen nach Moskau wieder aufzurichten. Dies berichtet das Webzine The Independent.

Laut der britischen Online-Zeitung gebe es eindeutige Anzeichen dafür, dass das Vereinte Königreich einen russlandfreundlicheren Kurs in seiner Außenpolitik eingeschlagen habe und diesen auch beibehalten wolle.

Bereits im März seien die Weichen hierfür gestellt worden, als man die Entscheidung traf, Englands Außenminister Boris Johnson nach Russland entsenden zu wollen. Johnson wäre damit der erste britische Außenminister seit fünf Jahren, der den Kreml besuchen würde. Zwar habe man das Treffen auf unbestimmte Zeit verschoben, doch sei ein Nachholtermin bereits in den nächsten Wochen zu erwarten.

Eine Nebenwirkung Trumps

Für das Umdenken der britischen Regierung könne vor allem die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der Vereinigten Staaten verantwortlich sein. Dieser habe mehrmals angegeben, Russland in seiner Politik offener begegnen zu wollen.

Der Independent zitiert einen westeuropäischen Diplomaten, für den dieser Schluss zumindest naheliegt: Großbritannien wisse, dass es seine Beziehungen mit Russland verbessern müsse und sei es auch nur wegen der Amerikaner. Gerade jetzt nach dem Brexit gehe es darum, möglichst auf einer Linie mit der Trump-Administration zu sein.

Weiter führt der Diplomat mit Blick auf Russland aus: „Da ist ein Bedarf an Dialog. Wir haben bei den schrecklichen Vorkommnissen in London und St. Petersburg gesehen, was für eine gemeinsame Gefahr der Terrorismus darstellt. Und man kann nicht wirklich über Terrorismus und Maßnahmen zu seiner Kontrollierung sprechen, ohne darüber zu diskutieren, was an Orten wie Syrien und Libyen geschieht, und dies lösen zu wollen.“

Gespräche in Libyen

Insbesondere Libyen könne als Ansatzpunkt für britisch-russische Gespräche dienen, heißt es im Independent. Nachdem Großbritannien zusammen mit Frankreich maßgeblich am Umsturz Muammar al-Gaddafis beteiligt war, herrschten dort nun politisch instabile Verhältnisse.

Der UN-gestützten Regierung von Fayez al-Sarraj in Tripolis stehe General Khalifa Haftar gegenüber, den die russische Regierung gerne an der Macht sehen würde und der auch in anderen Ländern Freunde habe: Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi wäre einer der ersten gewesen, die Donald Trump zum Einzug ins Weiße Haus gratulierten und möge bei dieser Gelegenheit ein gutes Wort für Haftar eingelegt haben.

Der Independent berichtet, dass sich nun auch konservative Parlamentsmitglieder aus Großbritannien mit General Haftar in Benghazi getroffen haben und ihnen der britische Botschafter für Libyen kurze Zeit darauf gefolgt wäre.

Alles nicht so einfach

Dennoch dürfte eine Annäherung Großbritanniens an Moskau nicht allzu leicht werden, so der Independent. Das Vereinte Königreich wäre einer der stärksten Unterstützer der Ukraine gewesen, eine der lautesten Stimmen für die verhängten Sanktionen und sehe die russische Syrienpolitik nach wie vor äußerst kritisch.