Ein Konzert der besonderen Art: Das National Symphony Orchestra of Uzbekistan in Berlin

Das National Symphony Orchestra of Uzbekistan mit dem „Richter Trio“ in der Berliner Philharmonie

Das National Symphony Orchestra of Uzbekistan spielte mit dem „Richter Trio“ am 1. Mai in der berühmten Berliner Philharmonie. Dirigent war Alibek Kabdurakhamanow. Eindrücke eines besonderen Abends.

Von Christian Grosse

In der fast ausverkauften Philharmonie erlebte das Publikum eine außergewöhnliche Aufführung, die ihresgleichen sucht: ein Gesamtkunstwerk aus Musik, Wort, Dichtung, Klang, Projektion und Licht.

Die im Hintergrund der Konzertbühne bis fast an die Decke des Konzerthauses aufgehängten, beinahe transparenten Gazevorhänge, wurden mit Videoinstallationen optisch bespielt. Unterschiedlich bewegte Bilder wurden projiziert und entsprechend musikalisch unterlegt. Angefangen von einem Sternenhimmel bis hin zum Naturschauspiel eines Vulkanausbruchs, Meteoriteneinschlägen, Wellenbewegungen oder Wasserfälle. Aber beispielsweise auch mit einem Blick in die komplexe Welt der Mechanik einer Uhr. Mit bewegten schwarz-weiß Bildern wurde das Publikum in eine teilweise mystisch anmutende Klangatmosphäre entführt.

Das National Symphony Orchestra of Uzbekistan Foto: Christian Grosse

Im ersten Teil dieses besonderen musikalischen Abends wurden Titel aus Kirill Richters in 2019 veröffentlichtem Debut-Album „Chronos“, vorgetragen. Den zweiten Teil prägten drei große Orchesterwerke: Richters „Jumpman OST“ und das Antikriegs-Werk „Faith of our Fathers“ erklangen vor der Uraufführung der Orchesterfantasie „The Sands of Time“.

Die Auftragskomposition der Uzbekistan Art and Culture Development Foundation war der Auftakt zu der Ausstellung  „Archäologische Schätze aus Usbekistan“, die vom Präsidenten der Republik Usbekistan, Schawkat Mirsijojew, und von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 3. Mai eröffnet wurde. Sie zeigt die geschichtlichen Ereignisse in der Zeit von Alexander dem Großen bis zum Reich der Kuschan, und befindet sich im Neuen Museum und der James-Simon-Galerie.

Kurze Geschichte des National Symphony Orchestra of Uzbekistan

Das National Symphony Orchestra of Uzbekistan hat eine bewegende Geschichte hinter sich. Im Zuge der Unabhängigkeit Usbekistans verstärkte die Regierung ihr Engagement für die Kulturlandschaft für die neu gegründete Republik, so, dass das Orchester 1998 wirtschaftlich und künstlerisch unabhängig wurde – was einen neuen und starken Impuls für die Entwicklung des Orchesters bedeutete.

Bekannte Namen wie die des ersten künstlerischen Leiters Ismail Dschalilow, des ersten Chefdirigenten und Komponisten Anwar Ergaschew, dem Chefdirigenten der Sizilianischen Musikakademie, Gaetano Colayan oder auch dem Chefdirigenten des Los Angeles Ochestras, Ricardo Capasso, prägten die Anfangsjahre bis zur Gegenwart das Orchester. Das National Symphony Orchestra of Uzbekistan genießt national als auch international einen hervorragenden Ruf.

Alibek Kabdurakhamanow

Alibek Kabdurakhamanow ist einer der herausragendsten Dirigenten Usbekistans. Er absolvierte ein Masterstudium sowohl im Fach Schlagzeug und Percussion als auch im Fach Dirigieren. Kabdurakhmanow erhielt diverse Auszeichnungen, wie beispielsweise den Prince Claus Annual Award in Amsterdam oder auch den Tassano-Kulturpreis in Usbekistan.

Alibek Kabdurakhamanov Foto: Mukhiddin A Lee

Er tritt bei bedeutenden Festivals auf und leitete Orchester wie das State Academic Smyphony Orchestra Almaty/Kasachstan, das Musiktheater-Orchester Studio am Staatlichen Konservatorium Usbekistans oder das Jugendsinfonieorchester Usbekistans. Seit 2019 ist er der Chefdirigent des Nationalen Symphonyorchesters Usbekistans.

„Richter Trio“

Das „Richter Trio“ ist ein Ensemble, welches 2016 von Kirill Richter gegründet wurde und Eigenkompositionen von Kirill Richter aufführt. Kirill Richter ist ein russischer Pianist und Komponist, der von Musikwissenschaftlern dem minimalistischen und neoklassischen Genre zugerechnet wird.

Aufgrund seiner fehlenden akademischen Ausbildung bezeichnet sich Kirill als Autodidakt. Klänge erfüllen sein Leben. Daher ist er äußerst sensibel für sie und versucht sich von allem inspirieren zu lassen und neue Werke zu schaffen, aus dem was ihn umgibt. Seine Projekte entstehen über sehr lange Zeiträume, teilweise bis zu mehreren Jahren. Wie beispielsweise das Debutalbum „Chronos“. „Chronos“ entstand aus der Erinnerung an eine alte Uhr in Kirills Kinderzimmer. Sie wurde gewissermaßen zur Visitenkarte des Musikers.

Richters Karriere begann als Komponist mit einer Serie von Walzern für Klavier. In ihrer Schlichtheit machten die Stücke einen großen Eindruck auf das Publikum und sind bezeichnend für Kirills Richters Kompositionssprache, die sich durch Energie, Aufrichtigkeit und einen direkten Zugang zur Gefühlswelt seiner Zuhörer auszeichnet.

Einige Highlights seiner bisherigen Karriere sind die 2017 erschienene Suite „Faith of our Fathers“, die das Grauen des zweiten Weltkrieges thematisiert und gleichzeitig zum Frieden aufruft. In 2018 komponierter er die offizielle Titelmelodie zur FIFA – Fußballweltmeister- schaft mit dem Titel „Where Angels Fear to Thread“. Oder in der Schweiz fand 2019 das Origen-Festival statt, in welchem die Uraufführung eines Requiems stattfand, das den Opfern der stalinistischen Gewaltherrschaft und Gulags gewidmet ist.

v.l.n.r.: Kirill Richter, Alena Zinovieva und August Krepak. Foto: Christian Grosse

 

Einige Highlights seiner bisherigen Karriere sind die 2017 erschienene Suite „Faith of our Fathers“, die das Grauen des zweiten Weltkrieges thematisiert und gleichzeitig zum Frieden aufruft. In 2018 komponierter er die offizielle Titelmelodie zur FIFA – Fußballweltmeister- schaft mit dem Titel „Where Angels Fear to Thread“. Oder in der Schweiz fand 2019 das Origen-Festival statt, in welchem die Uraufführung eines Requiems stattfand, das den Opfern der stalinistischen Gewaltherrschaft und Gulags gewidmet ist.

Richters Musik ist zu einem frischen Wind im zeitgenössischen Instrumentalbereich geworden. Der Pianist arbeitet mit der Geigerin Alena Zinovieva und dem Cellisten August Krepak zusammen.

National Symphony Orchestra of Uzbekistan. Foto: Mukhiddin A Lee

Alena Zinovieva begann bereits mit acht Jahren das Violinspiel und hat einen Abschluss des Moskauer Tschaikowsky Staatskonservatoriums erlangt. Einen weiteren Abschluss machte sie als Solistin. Sie erhielt viele Preise bei internationalen Musikwettbewerben.

Avgust Krepak ist ein Cellist, der 2006 im Fach Zeitgenössisches Cello an der Norwegischen Musikakademie in Oslo abschloss, um dann in 2012 am Moskauer Konservatorium in den Fächern barocke und zeitgenössische Musik sein nächstes Studium abzuschließen. Er ist Mitglied des Originalklang – Ensembles Pratum Integrum und des Ensembles Gnessin Baroque. Krepak und tritt außerdem bei diversen internationalen Musikfestivals auf.

Das Publikum in Berlin erlebte die Uraufführung der sinfonischen Fantasie „The Sands of Time“, in welcher Richter in die uralte Kultur Usbekistans, ihrer Poesie, ihrer Stellung zwischen Asien, Orient und Okzident eintaucht.

Die vorgetragenen Verse von Alisher Navoi (1441-1501), Zahir ad-Din Muhammad Babur (1483-1530), Mohlaroyim Nodira (1792-1842) und Omar Chayyam (1048-1131) haben eine ungeheure reiche Tradition der Dichtkunst, und wurden in den Gesamtzyklus zum Ende der sinfonischen Fantasie durch die Sängerin Nodira Pirmatova vorgetragen.

Die ungewöhnlichen Klänge, scheinbar aus einer anderen Welt, brachten zum Ende des außergewöhnlichen Konzerts das begeisterte Publikum zu minutenlangen Standing Ovations.

Titelbild
Christian Grosse